
Der Kompetenzverbund lernen:digital gestaltet den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis für die digitale Transformation von Schule und Lehrkräftebildung.
Über den Kompetenzverbund
Vier Kompetenzzentren bündeln die Expertise aus rund 200 länderübergreifenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten. In den Projekten entstehen evidenzbasierte Fort- und Weiterbildungen, Materialien sowie Konzepte für die Schul- und Unterrichtsentwicklung in einer Kultur der Digitalität.
Über die Kompetenzzentren
Eine Transferstelle macht die Ergebnisse für Lehrkräfte sichtbar, fördert die konstruktive Weiterentwicklung mit der Praxis und unterstützt den bundesweiten Transfer in die Lehrkräftebildung.
Über die Transferstelle
Die Frage Warum gehen meine Kinder nicht gerne in die Schule? lässt sich auch positiv wenden zu: Wie kann Wohlbefinden in der Schule gefördert werden? Dadurch rückt das Wohlbefinden in den Fokus, das auch im Schulbereich zunehmend an Bedeutung gewinnt. Das „Deutsche Schulbarometer“ (Robert Bosch Stiftung, 2024) hat unlängst Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 17 Jahren zu ihrem schulischen Wohlbefinden befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass ein Fünftel der Schüler:innen (20 %) ein geringes schulisches Wohlbefinden hat. Für die Mehrheit der Schüler:innen (71 %) konnte ein mittleres und für 8 % ein hohes schulisches Wohlbefinden ermittelt werden. Angesichts der Folgen des Wohlbefindens für den Lernerfolg, die psycho-soziale Entwicklung und die Gesundheit zeigt sich hier ein Klärungs- und auch Handlungsbedarf. Dabei stellt sich zunächst die Frage:
Was ist Wohlbefinden in der Schule?
Wohlbefinden ist ein Begriff, der – je nach Disziplin – unterschiedlich definiert wird. Aus einer psychologischen Perspektive (Hascher, Mori & Waber, 2018) bezieht sich Wohlbefinden in der Schule auf die individuelle emotionale und kognitive Bewertung von schulbezogenen Erlebnissen und Erfahrungen. Dabei spielen sowohl positive Dimensionen (positive Einstellungen zur Schule, Freude in der Schule, schulischer Selbstwert und Selbstwirksamkeit) als auch negative Dimensionen (Sorgen wegen der Schule, körperliche Beschwerden wegen der Schule, soziale Probleme in der Schule) eine Rolle. Wohlbefinden ist schließlich ein Gefühlszustand, von dem gesprochen werden kann, wenn positive Emotionen und Kognitionen klar gegenüber den negativen Emotionen und Kognitionen überwiegen.
Wie kann Wohlbefinden in der Schule gefördert werden?
Das Wohlbefinden der Schüler:innen wird, wie einschlägige Studien zeigen, von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, die sich auf verschiedenen Ebenen ansiedeln lassen. Auf der Ebene des Unterrichts bzw. der Schulklasse spielen Merkmale der Unterrichtsqualität und die Beziehungen zu Lehrpersonen und Mitschüler:innen eine Rolle. Dementsprechend kann das Wohlbefinden von Schüler:innen verbessert werden, wenn der Unterricht strukturiert abläuft, spannende und lebensnahe Inhalte behandelt werden oder Möglichkeiten bestehen, sich aktiv einzubringen und Aufgabenstellungen eigenständig zu bewältigen. Gleichzeitig wird das Wohlbefinden durch die erlebte Unterstützung der Lehrpersonen positiv beeinflusst (z. B. Mut machen bei schwierigen Aufgaben oder konstruktives Feedback). Neben den Lehrpersonen sind auch Mitschüler:innen wichtige Interaktionspartner. Zugehörigkeitsgefühl, Wertschätzung oder Respekt vor Vielfalt und Unterschieden können sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Auf der Ebene der Schule tragen unter anderem ein gutes Schulklima, eine sichere Umgebung oder offene und ansprechende Räumlichkeiten zum Wohlbefinden bei. Weil die Faktoren, die das Wohlbefinden positiv beeinflussen, auf mehreren Ebenen liegen, ist es naheliegend, seine Förderung ganzheitlich als Whole School Approach zu denken (Mori, 2024). Ein solcher Ansatz bezieht alle Mitglieder der Schulgemeinschaft aktiv in die Gestaltung der Schule ein und umfasst zentrale Aspekte des Schullebens (u. a. pädagogische Praktiken, Lernumgebung, sozialen Beziehungen, Organisationsstrukturen oder räumlichen Gegebenheiten).
Einblick in ein laufendes Forschungs- und Entwicklungsprojekt
Das Projekt Sozialraumorientierte Schulentwicklung im lernen:digital-Projektverbund DigiSchuKuMPK geht unter anderem der Frage nach, wie (Sozial-)Räume in Bereichen des Alltags (Familie, Schule oder Nachbarschaft) beschaffen sein müssen, damit Grundschulkinder sich in ihnen wohlfühlen. Das Projekt knüpft an der sozialräumlich orientierten sozialwissenschaftlichen Kindheitsforschung an (Fegter & Fattore, 2024), die in der Child Well-being-Forschung angesiedelt ist. Sozialräumlich orientierte Kindheitsforschung beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel räumlicher und sozialer Ordnungen. Wohlbefinden ist dann nicht primär ein Gefühlszustand einer Person, sondern ein Prozess im Kontext räumlicher und sozialer Ordnungen, der Wohlbefinden hervorbringen kann. Dabei wird Kindheit als eigene Lebensphase und das Kind als sozialer Akteur verstanden: das heißt, dass das Kind eigene Rechte hat und (auch ohne Kontrolle durch Erwachsene) eigenständig handeln, Entscheidungen treffen und etwas bewirken kann. Entscheidend sind dann nicht die von Erwachsenen festgelegten Indikatoren des Wohlbefindens, sondern die Frage, was Wohlbefinden im Kern für Kinder bedeutet. Einschlägige qualitative Forschungsarbeiten haben die Kindersicht rekonstruiert und können zeigen, dass Kinder sich in Räumen wohlfühlen, in denen sie sich einbringen und mitbestimmen dürfen, sie sich sicher und geschützt fühlen und sie sich als wertgeschätzt und anerkannt erfahren.
Im Rahmen des Projekts Sozialraumorientierte Schulentwicklung werden nun gemeinsam mit Lehrkräften und weiterem pädagogischen Personal Projekte geplant und durchgeführt, in denen Kinder ihre Lebenswelt – einschließlich Fragen nach ihrem Wohlbefinden – erkunden und somit sichtbar machen (z. B. Projekte zur Sicherheit auf dem Schulweg, zu Freundschaftsorten, zu Freizeitorten oder zur Orientierung im Stadtteil). Dies geschieht mit Unterstützung eines digitalen Tools (#stadtsache-App), das es Kindern ermöglicht, Fotos, Videos und Tonaufnahmen zu sammeln und auf vielfältige Art und Weise zu kommentieren (siehe unten verlinktes Praxisbeispiel). Die gewonnen Erkenntnisse sollen den Schulen helfen, sozialräumliche Herausforderungen zu identifizieren und darauf bezogene Handlungsstrategien zu entwickeln. Diese können unter anderem darin bestehen, Kindern die Gelegenheit zu geben, ihre Sicht der Dinge (z. B. zu Gefahrenstellen auf dem Schulweg) öffentlich zu machen und für berechtigte Forderungen einzustehen.
Vertiefung
In diesem Bereich finden Sie Literatur, Materialien und Links, um sich noch weiter mit dem Thema zu beschäftigen, und die Quellenangaben für den Beitrag.
Prof. Dr. Dagmar Killus

Dagmar Killus gehört dem Leitungsteam des Arbeitsbereichs Schulpädagogik & Schulforschung an der Universität Hamburg (Fakultät für Erziehungswissenschaft) an. Ihre quantitativen und qualitativen Forschungsarbeiten beziehen sich auf die Qualität von Schule und Unterricht, auf Qualitätsentwicklung (insbesondere durch Schulnetzwerke) sowie auf die Kooperation von Eltern und Schule.
Sie arbeitet im Projekt Sozialraumorientierte Schulentwicklung, das im Kompetenzzentrum Schulentwicklung, Projektverbund DigiSchuKuMPK, angesiedelt ist.
Prof. Dr. Sonja Nonte

Sonja Nonte leitet den Arbeitsbereich Erziehungswissenschaft: Forschungsmethoden mit dem Schwerpunkt Schulentwicklung an der Universität Osnabrück. Sie forscht u. a. im Bereich der Wirkungsforschung (musikalische Angebote), zu Motiven der Einrichtung und Wahl profilierter Schulen und Klassen, zu kultureller Bildung an (Ganztags-)Schulen, zu Geschlechtsdisparitäten in Leistungen und Motiven sowie zu fairen Vergleichen im Bildungskontext (u.a. im Kontext von internationalen Schulleistungsvergleichsstudien wie TIMSS und PIRLS sowie Längsschnittstudien).
Sie arbeitet im Projekt Sozialraumorientierte Schulentwicklung, das im Kompetenzzentrum Schulentwicklung, Projektverbund DigiSchuKuMPK, angesiedelt ist.
Vertr.-Prof. Dr. Matthias Forell

Matthias Forell vertritt seit dem Wintersemester 2024/25 die Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Inklusion an der Universität Osnabrück. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Bearbeitung von Fragestellungen zu Bildungsübergängen und Bildungsgerechtigkeit, der Untersuchung von sozialraumorientierten Schulentwicklungsprozessen sowie der Analyse von sozialer Ungleichheit im deutschen Schulsystem.
Er arbeitet im Projekt Sozialraumorientierte Schulentwicklung, das im Kompetenzzentrum Schulentwicklung, Projektverbund DigiSchuKuMPK, angesiedelt ist.
Prof. Dr. Aladin El-Mafaalani

Aladin El-Mafaalani leitet den Arbeitsbereich Migrations- und Bildungssoziologie an der TU Dortmund (Fakultät Sozialwissenschaften). Seine Forschungsschwerpunkte beziehen sich auf Superdiversität in Institutionen der Kindheit und Jugend, auf Regionale Bildungsdisparitäten im Kontext von Migration, auf Rassismus- und Diskriminierungsforschung sowie auf Bildungserfolg und Bildungsungleichheit.
Er arbeitet im Projekt Sozialraumorientierte Schulentwicklung, das im Kompetenzzentrum Schulentwicklung, Projektverbund DigiSchuKuMPK, angesiedelt ist.