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Takeaways
  • Neue Textwelten: Das Spektrum der Mediennutzung erweitert sich und damit verändern sich auch die Lerngegenstände des Deutschunterrichts. Neben die analogen Medien wie das Buch oder die gedruckte Zeitung treten digitale Texte. Diese sind multimodal bzw. symmedial aufgebaut und sprechen verschiedene Sinne gleichzeitig an. Überdies werden über Links hypertextuelle Bezüge im Internet generiert. Die Rezeption eines multimodalen digitalen Textes aus Schrift, Bild, Ton, Film und hypermedialen Verlinkungen stellt daher weit mehr Anforderungen als das Lesen eines printmedialen Textes.

  • Digitale Textsouveränität: Die digitale Textwelt (im Internet) ist vielfältig und faszinierend. Zugleich stellen Filterblasen, Influencing oder Fake News uns, unsere Wahrnehmung und unseren Umgang mit Informationen auf eine existenzielle Probe. Zu den erweiterten Aufgaben des Deutschunterrichts gehört es, die Jugendlichen dazu zu befähigen, alle Ebenen der digitalen Textwelt zu rezipieren, zu verstehen und persönliche sowie gesellschaftlich-ethische Konsequenzen zu reflektieren.

  • Chat GPT und Deutschunterricht: Gerade im Deutschunterricht führt ChatGPT zu Entwicklungen, die sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Schüler:innen können von der Unterstützung beim Verfassen von Texten profitieren. Im Sinne der digitalen Textsouveränität empfiehlt es sich jedoch zugleich, in Bezug auf die inhaltliche und faktische Kohärenz die Hoheit über den Schreibprozess zu behalten.

Im Rahmen des Zukunftsraums auf lernen:digital blicken wir heute auf die Zukunft des Faches Deutsch. Die Kompetenzbereiche im Fach Deutsch sind Sprechen und Zuhören, Schreiben, Lesen, Sprache und Sprachgebrauch reflektieren: Es geht im Deutschunterricht um menschliche Kommunikation. Mit dem Einzug der Digitalität verändern sich Kommunikation und Sprache und damit auch der Deutschunterricht. Sie haben das Konzept der digitalen Textsouveränität für den Deutschunterricht ins Spiel gebracht. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Volker Frederking: Damit ist eine meines Erachtens notwendige und signifikante Erweiterung der Aufgaben des Deutschunterrichts verbunden. Bezugspunkt ist der Sachverhalt, dass digitale Texte etwas völlig anderes sind als analoge Texte, ob sie nun gedruckt oder per Hand geschrieben sind. Analoge Texte bestehen in der Regel aus Schriftelementen, zuweilen ergänzt durch Bilder, beispielsweise in einer Zeitung oder in einem Buch. Bei digitalen Texten im Internet haben wir es mit ganz anderen Phänomenen zu tun und damit verbunden auch mit anderen Rezeptionsanforderungen. Ein digitaler Text ist strukturiert in verschiedene Textelemente, in schriftsprachliche Elemente, in Bildelemente, er weist oftmals aber auch Tonelemente und Filmelemente auf, ergänzt um hypertextuelle Verbindungen wie Likes und Dislikes. Es handelt sich also um eine erweiterte Symbolsprache, die mit digitalen Texten verbunden ist. Diese ist komplex und stellt sehr viel umfassendere Anforderungen als das Lesen eines printmedialen Textes.

„Digitale Texte machen es erforderlich, auf der Ebene des Deutschunterrichts nachzujustieren. Wir müssen das Spektrum, für das wir uns als Fach zuständig fühlen, um die Ebene digitaler Texte und ihrer Spezifika erweitern. “

Prof. Dr. Volker Frederking

Das ist ein Sachverhalt, der empirisch noch nicht hinreichend erforscht ist. Wir werden das in unseren Forschungen zur digitalen Souveränität im Rahmen unserer Projekte in lernen:digital mit in den Blick nehmen und versuchen, hier in Ansätzen auch entsprechende Grundlagenforschung zu betreiben. Fest steht aber schon jetzt: Digitale Texte machen es erforderlich, auf der Ebene des Deutschunterrichts nachzujustieren. Wir müssen das Spektrum, für das wir uns als Fach zuständig fühlen, um die Ebene digitaler Texte und ihrer Spezifika erweitern.

Für das Phänomen, dass digitale Texte neben literalen oft auch piktorale, auditive und audiovisuelle Elemente enthalten, gibt es verschiedene Begrifflichkeiten. In den 90er-Jahren hat man von der Multimedialität digitaler Texte gesprochen (Issing & Klimsa, 1995). Ich selbst habe den Begriff Symmedialität ergänzend vorgeschlagen (Frederking, 2014, 2024a), um deutlich zu machen, dass diese einzelnen medialen Elemente zumeist nicht isoliert auf einer Seite im Netz stehen, sondern einen semantischen und/oder idiolektal-formalen Bezug aufweisen. Das heißt, sie bilden einen medialen Verbund. Eine weitere Begrifflichkeit, die für Deutschlehrkräfte an Bedeutung gewinnt, ist der der Multimodalität (Murray, 2009; Siefkes, 2014; Wildfeuer, Bateman & Hiippala, 2020; Jaki et al. 2024). Bezeichnet wird damit der Sachverhalt, dass wir es bei digitalen Texten immer mit literalen, piktoralen, auditiven und audiovisuellen Elementen zu tun haben, die jeweils unterschiedliche Sinne in kommunikativer Absicht ansprechen: den Sehsinn, den Hörsinn, die Verbindung von Sehen und Hören. Ich plädiere allerdings eher dafür, auch die synästhetische Qualität digitaler Texte mitzubedenken und wahrzunehmen. Synästhetik bezeichnet das Verschmelzen sinnlicher Wahrnehmungen (Frederking, 2014, 2024a).

Das Phänomen gibt es eigentlich seit der Erfindung des gesprochenen Wortes. Wenn der Prosode in der Antike einen Text rezitierte, tat er dies mit Körpereinsatz. Stimme, Mimik und Gestik bildeten eine synästhetische Einheit. Das Theater basiert ebenfalls auf solchen synästhetischen medialen Verschmelzungen von Stimme, Mimik und Gestik. Gleiches gilt für den Film, der in technischer Form die Bildebene und die Tonebene zusammenbringt und uns im Rezeptionserleben den Eindruck vermittelt, es handele sich um eine Einheit. Das ist Synästhetik. Diese ist auch in den digitalen Medien ein sehr verbreitetes Element, das wir auf einer Webseite antreffen, aber noch stärker zum Beispiel in Computerspielen oder in VR-Anwendungen. Jeweils handelt es sich um Verschmelzungen von sinnlichen Wahrnehmungen, die im digitalen Medium intendiert bzw. ermöglicht werden.

Diese neuen Erfahrungen bzw. Erfahrungsmöglichkeiten sind hervorragend. Aber es gibt eben auch problematische Facetten, weil digitale Manipulationen gerade mit diesen synästhetischen Elementen in suggestiver Form arbeiten. Daraus ergibt sich eine weitere Aufgabe des Deutschunterrichts: Im Verbund mit anderen Fächern – zum Beispiel Kunst, Musik oder Filmwissenschaft – Rezeptionskompetenzen zu erweitern bzw. zu schärfen. Dies versuchen wir in den DiSo- und DiäS-Projekten in lernen:digital im Konzept der digitalen Souveränität.

 


Digitale Textsouveränität

Digitale Textsouveränität ist im Diskurs um digitale Souveränität verortet, setzt mit dem Fokus auf digitale Textualität aber einen spezifischen Schwerpunkt. Da die digitale Welt eine komplex strukturierte digitale Textwelt ist, eine Art digitaler MetaText, der aus einer infiniten Menge digitaler Einzeltexte besteht, zielt digitale Textsouveränität auf nicht weniger ab als auf die selbstbestimmte rezeptive und produktive Partizipation an dieser digitalen Textwelt des Internets, in der sich die digitale Weltgesellschaft in einem unabschließbaren Prozess auf Basis digitaler Texte selbst erschafft (Frederking, 2024). Die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Konsequenzen dieses Sachverhalts sind weitreichend. Da alle Operationen im Netz auf Basis bzw. in Form digitaler Texte erfolgen, bezeichnet digitale Textsouveränität eine Schlüsselkompetenz für die Teilhabe und das souveräne Agieren in der digitalen Weltgesellschaft. Die Fähigkeit zur Rezeption und Produktion digitaler Texte ist folglich Voraussetzung und Grundlage digitaler Souveränität im politischen, wirtschaftlichen, technischen, gesellschaftlichen, juristischen, kulturellen und bildungspolitischen Bereich.

Für den Deutschunterricht haben wir mit dem Konstrukt der digitalen Textsouveränität eine erweiterte theoretische Basis entwickelt, indem wir die Textualität im Verbund mit der Medialität in den Blick nehmen. Damit sind tatsächlich umfassendere Implikationen verbunden. Ich glaube, dass der Muttersprachenunterricht weltweit enorm an Bedeutung gewinnen wird. Er müsste deshalb auch mehr Stunden bekommen. Schließlich lässt sich das gesamte Internet als eine digitale Textwelt verstehen, die aus einer infiniten Menge digitaler Einzeltexte besteht, die über Verlinkungen in einem Zusammenhang stehen. Das rezipieren zu können, setzt völlig neue Nutzungskompetenzen im Umgang mit dieser digitalen Textwelt voraus. Zugleich ist der Aufbau einer reflexiven Haltung erforderlich, um sich bestimmte Prozesse zu verdeutlichen. Auch das gehört zur digitalen Textsouveränität.

Digitale Textsouveränität besitzt mit anderen Worten eine funktionale und eine personale Seite. Die Fähigkeit, digitale Tools zu bedienen, ist das eine. Die Fähigkeit, sich über die persönlichen Konsequenzen, aber auch die gesellschaftlich-ethischen Konsequenzen Gedanken zu machen, ist die andere Dimension. Beide Fähigkeiten benötigen gerade auch Heranwachsende. Sie nutzen die digitalen Medien in selbstverständlicher Form, aber was die Wirkungen anbelangt, sind sie manchmal noch zu blauäugig – so wie wir Erwachsenen zuweilen auch. Wir alle müssen über die Besonderheiten digitaler Medien mehr wissen und lernen, über ihre Wirkungen auf uns und unser Leben kritisch-selbstkritisch nachzudenken.

 

Sie sagen, gerade Texte im Internet sind meistens synästhetische Texte. Vielleicht erfordert das eine ganz andere Ausbildung von Deutschlehrkräften? Sie haben schon erwähnt, dass Filmwissenschaft zum Verständnis von digitalen Texten gehört, ebenso Musik und Kunst. Das kann eine Deutschlehrkraft entweder so nicht leisten oder die Ausbildung muss sich tiefgreifend verändern, dass man sagt, es gibt zum Beispiel ein Fach „ästhetische Ausbildung“?

Volker Frederking: Das wäre hervorragend, das kann ich mir gut vorstellen. Allerdings glaube ich, dass der fachliche Nukleus erhalten bleibt. Schreiben und Lesen sind Kompetenzbereiche des Faches Deutsch, Kulturtechniken, die eigentlich immer der Muttersprachenunterricht vermittelt, auch in internationaler Betrachtung, obwohl das eine Kompetenz ist, die in den meisten anderen Fächern auch von Bedeutung ist. Nichtsdestotrotz muss ein Fach dafür verantwortlich sein, solche Fähigkeiten anzubahnen und zu vertiefen. So hat jedes Fach seinen Kern. Andererseits gibt es gerade durch die digitalen Medien die Möglichkeit und die Notwendigkeit, auch über den Tellerrand des Faches hinauszuschauen und interdisziplinär zu arbeiten. Wie eben angedeutet, lädt beispielsweise die Rezeption eines multimodalen, symmedialen oder synästhetischen Textes dazu ein, auch das Wissen aus den Bereichen Kunst und Musik in einem Projekt zusammenzubringen und gemeinsam zu schauen, zu hören, wahrzunehmen und darüber zu reflektieren. Ob man dazu ein neues Fach braucht, sei dahingestellt. Das geht immer zulasten anderer Fächer. Wir schaffen damit eher Probleme und lösen die anderen nicht. Eine Sensibilisierung für die Ästhetik digitaler Texte und ihre „Message“ müssen hingegen viele Fächer entwickeln, nicht nur Deutsch, Kunst und Musik. Wer z.B. in Politik oder Geschichte Fake News oder Desinformationskampagnen in den Blick nehmen will, sollte neben politischen oder historischen Kategorien auch ästhetische mit einbeziehen. Es ist mit anderen Worten Wissen erforderlich, wie Wirkung erzeugt wird. Auch hier könnte man sehr schön in den Fächern zusammenarbeiten.

Aber man kann auch im Fach Deutsch allein in basaler Form Seh- und Hörprozesse anregen und reflektieren. Wir haben in Deutsch schon immer Hörtexte rezipiert und analysiert. Die Hörästhetik ist Teil des Faches Deutsch. Wir haben eben nicht nur Lesen und Schreiben, auch Sprechen und Zuhören sind Kompetenzbereiche des Faches Deutsch. Sehen ist nicht so verankert, aber es gibt natürlich die bildliche Illustration, die wir bei der Analyse eines gedruckten Textes immer schon mit hinzunehmen.

Kurzum, Deutschlehrkräfte haben eine gewisse Expertise im Bereich der ästhetischen Wahrnehmung, und im Verbund mit anderen Fächern lassen sich – zum Beispiel in Projektform – sehr schön komplexe ästhetische Verstehensprozesse für digitale Angebote initiieren und reflektieren.

Ich würde gerne noch einmal genauer auf das Fach Deutsch schauen. Das Fach erfährt gerade durch ChatGPT nochmal eine besondere Veränderung, weil er den Deutschunterricht in seinem Kern trifft, nämlich die Rezeption und Produktion von Texten. Schülerinnen und Schüler bauen in einem jahrelangen Prozess die Fähigkeit auf, Texte zu verfassen. Sie schreiben Erörterungen, Textanalysen, Argumentationen. Aber im Grunde sind es alles Textmuster, die ChatGPT auch kann und sogar schneller kann. Wie könnte man solche Tools in den Deutschunterricht einbinden, um ihre produktive Seite sinnvoll zu nutzen und vielleicht auch den Schülerinnen und Schülern plausibel zu machen, dass es sich doch noch lohnt, selbst einen Text zu verfassen?

Volker Frederking: Das ist eine sehr gute Frage. ChatGPT kam über Nacht über uns, ganz plötzlich, eruptiv, es war im November, Dezember 2022, und es hat die Welt ein Stück weit verändert. Die sprachliche Produktion sprachlicher Gegenstände durch eine Technik, das ist wirklich ein Paradigmenwechsel. Für den Deutschunterricht sind die Folgen meines Erachtens janusköpfig, d. h. positiv wie negativ.

Vielleicht beginnen wir mit den positiven Elementen. Ja, ChatGPT kann sehr viel, was Schüler und Schülerinnen auch können sollen. Thorsten Steinhoff und Carolin Führer haben jüngst in zwei Publikationen sehr schön aufgezeigt, wie gerade Schreibprozesse durch ChatGPT begleitet bzw. unterstützt werden können. Thorsten Steinhoff (2023) hat das schon in der Überschrift seines Artikels so formuliert: „Der Computer schreibt (mit)“. Man kann textgenerative KI wie ChatGPT als Schreibassistenten einsetzen, sagen Carolin Führer und Peter Gerjets (2024). Zum Beispiel könne man sich von ChatGPT den Anfang eines Textes in der Erörterung präsentieren lassen oder Vorschläge, wie man einsteigt. Natürlich kann man auch sagen, „Schreibe meine Erörterung zum Thema so und so“. Schlechte oder faule Schülerinnen und Schüler könnten geneigt sein, sich mit dem entstandenen Textergebnis zufrieden zu geben. Allerdings wäre das eine schlechte Entscheidung, einerseits, weil auf diese Weise kein eigener Kompetenzaufbau stattfindet, andererseits, weil die von ChatGPT erzeugten Texte oft so gut nun auch wiederum nicht sind. Das hängt damit zusammen, worauf ChatGPT basiert. Es sind Textmuster, die das System gelernt hat, “lernen“ in Anführungszeichen. Die hat das System verfügbar und bastelt nach wahrscheinlicher Akzeptanz Textmuster, von denen es annimmt, dass diese für Rezipient:innen positiv konnotiert sind, d.h. dass diese das Ergebnis wertschätzen. Wenn man sich jetzt aber die Ergebnisse anguckt, ist in zweierlei Hinsicht Vorsicht geboten.

Ich will das an Experimenten verdeutlichen, die ich im Rahmen unseres Projekts ‚Digitale Souveränität‘ für das Fach Deutsch durchgeführt habe. Ich habe ChatGPT systematisch befragt. Ich begann sowohl in ChatGPT 3 als auch in der Version 4 jeweils mit der Bitte, eine Deutung des Prologs im Himmel in Goethes Faust zu erzeugen. Die Textdeutungen waren auf den ersten Blick ansprechend, eine Erläuterung von Problemfeldern, die im Prolog im Himmel tatsächlich vorhanden sind. Sprachlich war das kein brillanter Stil, aber gut. Ein genauerer Blick allerdings zeigte: das Ergebnis ist von der Deutungsebene her eigentlich zumeist eher oberflächlich, wenig differenziert, ohne wirkliche gedankliche Vertiefungen. Was aber vor allen Dingen fehlte, waren Belege am Text! ChatGPT produzierte als ersten Deutungsentwurf anderthalb Seiten ohne ein einziges Zitat. Zitate sind als Textbelege wissenschaftlich aber immer ein Gütekriterium. In den Geisteswissenschaften müssen wir unsere Deutungen am Text belegen. Das lernt jeder Schüler, jede Schülerin schon in der späten Mittelstufe. Es gehört zum Standardrepertoire. Das beherrscht ChatGPT nicht. Ich habe ChatGPT dann aufgefordert, Textbelege für die Deutungsvorschläge zu liefern. Das Ergebnis war geradezu schockierend. Ich machte da die gleiche Erfahrung wie Teresa Kubacka, eine Physikerin, die ein oder zwei Wochen nach der Einführung von ChatGPT dem ChatBot Fragen zum Thema ihrer Doktorarbeit als Experiment gestellt hatte (Kubacka, 2022). Das Ergebnis: ChatGPT produzierte Falschmeldungen und falsche Aussagen. Noch schlimmer: das System hat völlig neue Sachverhalte erfunden und diese mit erfundenen Quellen belegt. Daher war ich bei meinen eigenen Versuchen mit ChatGPT sensibilisiert und habe die Prolog-Deutung im Faust folglich genau überprüft. Das Ergebnis: die Hälfte der vom ChatBot gegebenen Textbelege war falsch und die dabei angegebenen Quellen waren erfunden. Da kann man mit Sam Altman (2022), dem CEO von OpenAI, sagen: „Ja, das System halluziniert“, das sagte er ein, zwei Wochen nach Einführung von ChatGPT. Dieser Begriff hat sich etabliert. Ich finde, das ist ein Euphemismus. In Wahrheit handelt es sich doch um falsche Aussagen, das ist Post-Truth, was da produziert wird. Im Deutschunterricht bekommt ein Schüler oder eine Schülerin die Note fünf oder sechs, wenn eine Lehrkraft solch einen fahrlässigen Umgang mit der Wahrheit bemerkt. Und wissenschaftlich ist es suizidal, so zu operieren. Man kann tatsächlich nur hoffen, dass die Nutzer und Nutzerinnen wirklich wissen, wo die Stärken und Schwächen des Systems liegen. So kann man das System nutzen, um Schreibprozesse zu optimieren. Matthias Brodkorb hat einen von ihm verfassten Artikel, der sich kritisch mit ChatGPT auseinandersetzte (Brodkorb, 2023), durch ChatGPT am Ende gegenlesen und stilistisch optimieren lassen, und er meinte, der Artikel sei besser geworden. Das kann man tun, aber die Fakten muss man selbst liefern und prüfen.

 

„[…] ChatGPT ist nicht zu Metareflexion fähig. Es weiß nicht, warum es welche Deutungen erzeugt und kann sie auch nur in Ansätzen begründen. Dem System fehlt mit anderen Worten die Fähigkeit zum Verstehen, zum Begründen und zum eigenständigen Denken. “

Prof. Dr. Volker Frederking

Ich möchte positiv schließen. Wir haben im Rahmen von DFG-Projekten mit insgesamt 4000 Schülerinnen und Schülern untersucht, ob literarisches Verstehen etwas anderes ist als Leseverstehen und konnten dies empirisch nachweisen (Frederking, 2022). In diesem Zusammenhang sind Testaufgaben entstanden zu bestimmten literarischen Texten, die wir eingesetzt haben. Einige dieser Testaufgaben habe ich ChatGPT gegeben mit der Bitte, sie zu lösen. Der ChatBot bekam also die literarischen Bezugstexte und erhielt dazu unsere Fragen bzw. Testaufgaben. Die Qualität der Lösungsantworten war relativ gut. Allerdings sind die erzeugten Ergebnisse nicht identisch, sondern variieren von Anwendung zu Anwendung, wie Jörn Brüggemann, Carina Ascherl und Laureen Okesson in systematischen Experimenten in unserer DiSo-Forschungsgruppe zeigen konnten. Dennoch scheint es so, dass ChatGPT, sobald es den Bezugstext einer Frage mitgeliefert bekommt oder ihn kennt, eher zu brauchbaren bzw. angemessenen Ergebnissen gelangt als ohne diesen Bezugstext. Wenn man dies weiß, kann man im Deutschunterricht gezielt mit ChatGPT o.ä. arbeiten und ihm zur Beantwortung von Aufgaben den literarischen Bezugstext hinzugeben. Gleichzeitig muss man sagen, dass das System selbst dann noch limitiert ist. Denn ChatGPT ist nicht zu Metareflexion fähig. Es weiß nicht, warum es welche Deutungen erzeugt und kann sie auch nur in Ansätzen begründen. Dem System fehlt mit anderen Worten die Fähigkeit zum Verstehen, zum Begründen und zum eigenständigen Denken.

ChatGPT ist aber noch aus anderen Gründen eine radikale Herausforderung für digitale Textsouveränität. Denn Schülerinnen und Schüler müssen in der Lage sein zu prüfen, was in den durch ChatGPT erzeugten Aussagen wahr ist und was falsch. Wer einen Text im Internet liest, weiß aber in der Regel nicht, ob er von einem Menschen verfasst wurde oder von einem Chatbot stammt – es sei denn, wir bekommen juristische Regelungen, die verbindlich vorschreiben, dass ein im Internet präsentierter Text überprüfbare Angaben enthält, ob er von diesem oder jenem Menschen verfasst oder durch KI generiert wurde. Solange es diese verbindlichen Regelungen nicht gibt, müssen wir einen Text, den wir im Internet rezipieren, sehr kritisch überprüfen – z. B. mit Fragen wie: Wer hat ihn verfasst? Stimmen die Quellen? Dies sind zentrale Elemente digitaler Textsouveränität.

Überdies sind natürlich die Wahrheitsfrage, die Frage nach ethischen Implikationen und die Argumentationsmuster in den Blick zu nehmen (Frederking, 2024a). Orientieren kann man sich überdies an einem Prinzip, das in der Rezeptionsästhetik von Hans Robert Jauss (1967) für literarische Texte entwickelt wurde: Es gilt, die Fragen zu ermitteln, auf die der Text eine Antwort zu geben versucht. In einem Aufsatz habe ich erläutert, dass man dieses Muster auch auf digitale Texte und ihren potenziellen KI-Ursprung anwenden kann (Frederking, 2023). Leitend könnte in diesem Sinne hier die Frage sein: Welche Prompts könnten dem Text zugrunde liegen, auf die er eine Antwort zu geben versucht. In jedem Fall ist es erforderlich, sich die digital präsentierte Textwelt genau anzuschauen und die Entstehung zu hinterfragen.

Das skizziert nochmal sehr deutlich, vor welchen Herausforderungen Jugendliche, aber auch wir Erwachsenen mit ChatGPT und dem Text- oder Quellenverhalten im Internet stehen. Dazu kommen Phänomene wie Algorithmen, die Filterblasen erzeugen oder eben Fake News, die Sie schon erwähnt haben. Wenn wir mit diesen ganzen Phänomenen im Hinterkopf und dem, was Sie an Herausforderungen skizziert haben, auf den Deutschunterricht in fünf Jahren schauen, wie sieht denn dann eine Deutschstunde aus? Ist es überhaupt noch eine Deutschstunde?

Volker Frederking: Ja, ich würde sagen, das ist eine Deutschstunde, vielleicht zuweilen in Kooperation mit anderen Fächern. Fünf Jahre sind jedoch wenig für Bildungssysteme, bis Veränderungen greifen. Sagen wir mal zehn Jahre.

Aber für die digitale Welt sind fünf Jahre wiederum viel.

Volker Frederking: Da haben Sie vollkommen recht. Das ist ein Stück weit ein Dilemma. Ob fünf oder zehn Jahre, was ich mir wünschen würde, ist erstens, dass tatsächlich so etwas wie digitale Souveränität oder Textsouveränität einen festen Platz im Deutschunterricht der Zukunft hat, nicht zuletzt, weil vom souveränen manipulationsresistenten Umgang mit digitalen Texten das Überleben der Demokratie in der westlichen Welt abhängt (vgl. z.B. Sanders & Schneider, 2023). Unsere Heranwachsenden müssen in der Lage sein, digitale Texte hinreichend auf mehreren Ebenen zu lesen und kritisch zu überprüfen, um nicht Opfer von Desinformationen und Propaganda zu werden. Hier muss in den Curricula eine neue Verantwortlichkeit verankert und im Unterricht praktisch mit Leben gefüllt werden, um unsere Schüler und Schülerinnen zu befähigen, mit digitalen Manipulationen souverän umzugehen. Fake News-Resilienz ist ein wichtiges Element von digitaler Textsouveränität. Hinzu kommt eine ästhetische Verstehens- und Gestaltungskompetenz. Wir haben eben über ChatGPT gesprochen. Mittlerweile gibt es ja nicht nur textgenerative KI, sondern auch von ChatGPT und anderen Tools generierte Audio- und Videofiles. Schülerinnen und Schüler sollten im Deutschunterricht die Möglichkeit erhalten, unter reflektierter Nutzung entsprechender Tools multimodale digitale Texte, die neben literalen auch piktorale, auditive oder audiovisuelle Elemente enthalten, selbst zu produzieren und ästhetisch zu gestalten. Sie sollten aber ebenso befähigt werden, bei der Rezeption solcher multimodalen digitalen Texte ästhetische Strategien zu erfassen und Manipulationsabsichten zu durchschauen. Dies schließt Deepfakes ein, also manipulierte Videos, in denen falsche Tonspuren in einem Film den Eindruck erwecken, die im Bild dargestellten Menschen hätten die auf der Tonspur enthaltene Äußerung tatsächlich getätigt. Die Fähigkeit, solche Manipulationen bzw. Desinformationen zu erkennen, ist ein Element digitaler Textsouveränität und stellt einen zukünftigen Aufgabenbereich des Deutschunterrichts dar (Frederking, 2024a).

Das Spektrum unseres Faches erweitert sich und daher müssen wir dynamisch die Entwicklungen mit didaktischen Konzepten begleiten – ein Erfordernis, dem wir in unseren DiSo- und DiäS-Projekten im Rahmen von lernen:digital Rechnung zu tragen versuchen. Hier bieten wir z.B. für das Fach Deutsch Teilmodule zum Umgang mit Desinformation und Fake News, zu Online-Journalismus, zu digitaler toxischer Sprache, zu Antisemitismusprävention, zu VR, zu KI, zu multimodaler digitaler Ästhetik u.a. an. Solche Angebote zum souveränen Umgang mit den besonderen Herausforderungen und Chancen digitaler Texte sind wichtige Elemente einer Zukunftsvision von gutem Deutschunterricht in der digitalen Welt.

„Ich denke, dass die durch PISA eingeleitete Konzentration auf Kompetenzen dringend erweitert werden muss im Hinblick auf personale Lehr-/Lernprozesse […].“

Prof. Dr. Volker Frederking

Hinzu kommt ein Aspekt, der auf den ersten Blick ganz anderes fokussiert, damit aber gleichwohl zu tun hat: Ich denke, dass die durch PISA eingeleitete Konzentration auf Kompetenzen dringend erweitert werden muss im Hinblick auf personale Lehr-/Lernprozesse, nicht nur im Rekurs auf Wilhelm von Humboldt (2010 [1793]), sondern auch im Rekurs auf John Dewey (1997 [1938]) und George Herbert Mead (2016 [1911]), zwei amerikanische pragmatische Pädagogen und Psychologen. Learning by Doing stammt von John Dewey und die Verbindung von fachlichem Lerngegenstand und lernendem Subjekt ist eine Idee von George Herbert Mead. Das sind Konzepte, an die man anknüpfen kann. Wir müssen dazu kommen, dass Lernende wieder stärker selbst aktiv und selbstreflexiv mit den Lerngegenständen im Fach Deutsch und in anderen Fächern in Kontakt kommen und sich nicht nur funktional-sachorientiert mit ihnen auseinandersetzen. Dies bedeutet z.B. für den Umgang mit literarischen Texten im Literaturunterricht: Es genügt nicht, ein Gedicht interpretieren zu können, ich muss auch gelernt haben, zu reflektieren, welche Gefühle und Gedanken das Gedicht in mir auslösen kann oder soll. Gleiches gilt für digitale pragmatische Texte. Welche Gefühle und Vorstellungen sollen evoziert werden? Welche Absichten sind damit verbunden? Welche Textsignale steuern meine Reaktionen? Schülerinnen und Schüler müssen die Möglichkeit erhalten, im Deutschunterricht über solche Fragen nachzudenken. Das ist die personale Seite von Bildungsprozessen im Allgemeinen und von fachlichen Bildungsprozessen im Besonderen. Gemeinsam mit dem Biologiedidaktiker Horst Bayrhuber habe ich dafür die Unterscheidung zwischen funktional und personal ausgerichteter fachlicher Bildung eingeführt (Frederking & Bayrhuber, 2020; Bayrhuber & Frederking, 2024). Personale fachliche Bildung, die auf die Ausbildung einer selbstreflexiven Haltung im Horizont des eigenen Selbst- und Weltverhältnisses zielt, ist wichtig, weil sie die Identitätsbildung von Heranwachsenden unterstützt und die Lernbereitschaft erhöht. Letzteres haben wir in empirischen Erhebungen zeigen können, in denen wir solche funktionalen und personalen Lehr-/Lernprozesse bei Schülerinnen und Schülern initiiert und empirisch untersucht haben (Frederking, 2024b; Brüggemann et al., 2024). Da hat sich sehr deutlich gezeigt, dass sich ein vertieftes Interesse und auch eine Begeisterung in Unterrichtsprozessen empirisch abbildet, in denen es zu einer subjektiven, emotionalen und kognitiv-selbstreflexiven Aktivierung der Lernenden kommt und sie Raum bekommen, darüber nachzudenken, was ein Lerngegenstand – im untersuchten Fall handelte es sich um Gedichte – für sie als Menschen und ihr Leben ganz persönlich bedeutet. In den DiSo und DiäS-Projekten versuchen wir zu zeigen und Lehrkräften zu vermitteln, dass dies auch für sprachliches, literarisches und mediales Lernen in der digitalen Welt gilt.

Vielen Dank für das anregende Gespräch.

Prof. Dr. Volker Frederking

Volker Frederking hat Deutsch, Geschichte, Philosophie, Latein und Religion auf Lehramt (Sek I/II) an den Universitäten Münster und Bielefeld studiert und mehrere Jahre an Gymnasien in NRW unterrichtet. Seit 2000 hat er den Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg inne. Er ist Autor von über 220 Publikationen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der empirischen literatur-, sprach- und mediendidaktischen Bildungsforschung. Im Rahmen von DFG-Projekten hat er literarische Verstehens- und Urteilskompetenz erforscht (LUK) und die Bedeutung von Subjektivität und Emotionalität in Gesprächen über Literatur im schulischen Deutschunterricht in einer Längsschnittstudie untersucht (SEGEL). Außerdem erforscht er Fragen einer Allgemeinen Fachdidaktik und fachlicher Bildung mit personalem und funktionalem Fokus. Aktuell leitet er gemeinsam mit Prof. Jörn Brüggemann (Universität Bamberg) die beiden vom BMBF geförderten Forschungsverbünde DiSo und DiäS, in denen ca. 50 Kolleg:inn:en aus 16 Universitäten bzw. wissenschaftlichen Einrichtungen ‚Digitale Souveränität‘ als Ziel innovativer Fortbildungskonzepte für Lehrkräfte der sprachlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ästhetischen Fächer entwickeln, empirisch überprüfen und disseminieren.

Vertiefung

In diesem Bereich finden Sie Literatur, Materialien und Links, um sich noch weiter mit dem Thema zu beschäftigen, und die Quellenangaben für den Beitrag.

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Takeaways
  • Zeitgemäße Schule: Wissenskonstruktion und Kommunikation haben sich durch die Digitalität stark verändert. Reine Wissensvermittlung durch eine vermittelnde Lehrkraft ist nicht mehr zeitgemäß. Kinder und Jugendliche brauchen Basiskompetenzen und Handlungskompetenz, um den Herausforderungen im Kontext von Digitalität, Demokratie und Nachhaltigkeit begegnen zu können.

  • Transformierte Schule: Aus der Kultur der Digitalität erwachsen Handlungsgepflogenheiten, die auch unser Bildungssystem beeinflussen. Es reicht nicht aus, Unterricht mit Hilfe digitaler Tools zu optimieren. Stattdessen ist eine Transformation des gesamten Systems Schule gemäß der Kultur der Digitalität notwendig, um darauf zu reagieren und Kinder zu befähigen, Kultur weiterhin mitzugestalten. Voraussetzung ist ein geteiltes Verständnis von Transformation, der einen Austausch der Akteur:innen auf allen Ebenen erforderlich macht und auch Akteur:innen aus dem Quartier mit einschließt. Schule kann nur gemeinsam weiterentwickelt werden (siehe Navigator Bildung Digitalisierung).

  • Leistungsorientierte Schule: Schule heute kann es sich nicht mehr leisten, Kinder nach einer Phase der Wissensvermittlung mit standardisierten Prüfungen in 6 Notenstufen einzuteilen. Es gilt, vom individuellen Lernstand der Kinder auszugehen und den Lernprozess fortlaufend im Blick zu behalten, um alle Kinder im Rahmen adaptiver Unterrichtssettings bestmöglich zu fördern. Der Prozess schließt auch Elitenförderung mit ein. Die Sortierung nach Schularten löst das Problem jedoch nicht. Kinder profitieren gerade im Hinblick auf die Handlungskompetenzen für die gesellschaftlichen Herausforderungen vom gemeinsamen Lernen.

Frau Hauck-Thum, Sie sagten in einer Veranstaltung von lernen:digital: „Schule heute ist eine, die immer noch den Anforderungen der Zeit der Industrialisierung entspricht.“ Was sind diese Anforderungen und warum passen sie heute nicht mehr? Was hat sich da verschoben?

Schule ist immer noch ganz stark auf die Vermittlung von Wissen ausgerichtet. Aber die Konstruktion von Wissen, die Art und Weise, wie man sich Informationen beschafft, wie man miteinander kommuniziert, wie man sich austauscht, ist einem stetigen Wandel unterzogen. Die bloße Vermittlung von Wissen, dieses Lehren, Lernen und Prüfen in der bestehenden Lernkultur, ist aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß. Es gilt vielmehr, veränderte Lehr-/Lern- und auch Prüfungssettings zu gestalten, die es Kindern ermöglichen, die Kompetenzen zu erwerben, die sie brauchen, um mit wachsenden Komplexitäten umzugehen – um Herausforderungen im Kontext von Digitalisierung und Nachhaltigkeit kompetent zu begegnen. Wenn man sich die Entwicklung der künstlichen Intelligenz am Beispiel ChatGPT des letzten Jahres anschaut, sieht man, dass die technologische Entwicklung auch mit der Notwendigkeit einhergeht, den Kompetenzerwerb anzupassen, also die Fähigkeit, wie mit Informationen und insbesondere mit Quellen umgegangen wird. Der Schreibprozess als solcher verändert sich, und darauf muss Schule reagieren, damit Kinder lernen, Technologien im Rahmen ihres Schreibprozesses zu nutzen, ohne den Erwerb basaler Kompetenzen zu vernachlässigen. Gerade für bildungsferne Kinder ist die Schule dafür der einzige Ort.

Schule sollte ein Ort sein, auch über den Schulraum hinaus, der es Kindern ermöglicht, vielfältige Erfahrungen zu machen, die sie beim Erwerb von Basiskompetenzen und zukunftsrelevanten Kompetenzen gleichermaßen unterstützt. Aus diesem Grund müssen wir gemeinsam versuchen, das Bildungssystem als solches weiterzuentwickeln.

Heißt das, es geht nicht mehr so sehr um die Vermittlung von klassischem Wissen, sondern mehr um Handlungskompetenz in einer Kultur der Digitalität?

Ich würde vermeiden, das eine gegen das andere auszuspielen. Natürlich sind fachspezifische Wissensbestände von Bedeutung. Wir brauchen vor allem bei Grundschüler:innen verlässliche Basiskompetenzen zu Beginn ihres lebenslangen Lernens. Kinder sollten von Anfang an die Möglichkeit haben, über adaptive Lernangebote Kenntnisse zu vertiefen, aber eben nicht nur in Phasen des Übens, sondern auch des integrativen Lernens. Kinder brauchen Räume, in denen sie sich miteinander austauschen, gemeinsam Probleme lösen, Herausforderungen begegnen und kreativ sein können. Kreativität bedeutet nicht „Ich male ein Bild zum Text“, sondern beharrlich und fokussiert im Austausch miteinander an einem Thema dranbleiben, eigene Ideen einbringen, andere Ideen kritisch bewerten und dabei sowohl Basiskompetenzen als auch wichtige zukunftsrelevante übergreifende Kompetenzen erwerben.

Das ist ein dichtes, neues Bündel an Kompetenzen, die Sie für eine veränderte Schule einfordern. Ihre Webseite, auf der Sie Ihre Projekte vorstellen, heißt www.digitalitaet.com. Das klingt nach einer klaren Marschrichtung dafür. Was genau verstehen Sie unter Digitalität?

Es geht zunächst um das Bewusstsein für einen neuen kulturellen Möglichkeitsraum. Der neue kulturelle Möglichkeitsraum verändert auch unser Bildungssystem. Wenn wir über Digitalisierung sprechen, dann blicken wir zunächst auf die sich ständig verändernden Technologien und die damit einhergehenden Herausforderungen. Da ist in den letzten zwanzig Jahren sehr viel passiert. Aber was häufig vergessen wird, ist, dass sich mit diesen technologischen Weiterentwicklungen auch kulturelle Praktiken verändert haben, Handlungsgepflogenheiten, wie Menschen sich austauschen, wie sie miteinander kommunizieren, wie sie mit Informationen umgehen. Gerade hinsichtlich der Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz gilt es, neue Kompetenzen zu erwerben, die nötig sind, um mit diesen komplexen Informationen kritisch umzugehen, um sie auch für den eigenen Bildungserfolg nutzen zu können. Diese veränderten Handlungsgepflogenheiten entwickeln sich laufend weiter. Wenn man also auch zukünftig zu Teilhabe und Partizipation fähig sein will, Kultur mitgestalten möchte und sich am Austausch beteiligen will, der eben nicht mehr nur rein analog stattfindet, brauchen Kinder Unterstützung und Möglichkeiten, um Teilhabe zu erleben, um zu lernen, wie man sich in digitalen Räumen bewegt.

Von Schulen wird in der Breite lediglich erwartet, dass sie digitaler werden. Es geht aber eben um weit mehr, als Schule in tradierter Form mit Hilfe digitaler Medien zu optimieren. Vielmehr verändert sich der Lernort Schule in einer digitalen Welt ganz grundlegend. In einem gemeinschaftlichen Prozess, an dem sämtliche Akteur:innen beteiligt werden, vor allem auch Schulaufsicht und Schulträger, kann die Veränderung gestaltet werden. Gemeinsam haben die Akteur:innen die Aufgabe, sich auf ein geteiltes Verständnis von Transformation zu einigen und mit einer gemeinsamen Vision und Zielen den Veränderungsprozess umzusetzen und immer wieder so auszurichten, dass er für die Schulen im jeweiligen Umfeld am besten passt. Das Verständnis der Kultur der Digitalität bildet die Basis, auf der weitere Maßnahmen aufbauen – gemeinsam, vernetzt und im ständigen Austausch.

Das heißt, Sie wollen Schule verändern und auf einen Weg der Transformation bringen. Transformation oder Veränderung klingen erst einmal abstrakt, weil das Ziel in der Zukunft liegt und die Veränderung nicht richtig greifbar ist. Wie könnte das funktionieren, eine Schule zu transformieren?

Wir müssen wegkommen von diesen Bestrebungen in der Einzelschule. Man braucht vielmehr systemische Veränderungen. Diese geht aus gemeinschaftlichen Prozessen hervor, wenn sich Schulen miteinander vernetzen und sich gemeinsam auf den Weg machen. Die Akteure müssen merken “Ah, da drückt mir jetzt nicht jemand irgendwas auf, sondern ich kann meine Ideen, meine eigene Vision von Schule einbringen und im Austausch mit anderen weiterentwickeln.” Dazu bedarf es eines grundlegend veränderten Kooperationsverständnisses. Kooperation ist eben nicht, “Ich kriege von dir Mathe, und du kriegst dafür von mir Deutsch”, sondern „Wir sind gemeinsam kreativ, innovativ und entwickeln die Gedanken, die wir vielleicht selber schon haben, zu einem bestimmten Thema gemeinsam weiter.“ Damit geht wiederum ein verändertes Rollenverständnis auf unterschiedlichen Ebenen einher. Das betrifft auch die Schulleitung, die sich nicht in erster Linie als Verwalterin sieht, sondern als Ideegeberin, als Funkensprüherin, damit Prozesse, die im Kollegium vielleicht schon passieren, auch begleitet oder sogar auch ausgelöst, angestoßen, auch abgefedert werden. Also auch Rückschläge sollten entsprechend konstruktiv und positiv in den Prozess eingebunden werden. Und mit dieser veränderten Haltung kann auch ein gesamtgesellschaftlicher Prozess miteinander gestaltet werden.

Wenn ich mich am Montag auf den Weg machen will und den Weg der Veränderung beginnen will, dann wäre ich erstmal überfordert, wie ich das angehen soll. Aber Sie haben ja schon ein ganz konkretes Forschungsprojekt zu diesem Thema, für das sich Schulen zusammengetan haben, um den Weg der Transformation in einer Kultur der Digitalität zu beschreiten. Vielleicht können Sie diese Transformation noch einmal etwas plastischer beschreiben.

Die grundlegende Idee im Kleinen ist zunächst, Gleichgesinnte zu finden. Suchen Sie sich ein, zwei Gleichgesinnte und probieren etwas aus. Was wir in Freising mit dieser Idee momentan gestalten, ist die systemische Veränderung in Schulfamilien. Ich begleite aktuell gemeinsam mit Jana Heinz (HS München) und Barbara Lenzgeiger (KU Eichstätt) 22 Grundschulen. Das Konzept ist aus einer Idee von sieben Professorinnen hervorgegangen. Dieses Konzept CoTransform Freising  vernetzt drei bis fünf Grundschulen, die eine räumliche Nähe aufweisen, die sich aber auch mögen. Mit Unterstützung der Plattform schultransform.org ermitteln die Schulen zunächst den IST-Stand ihrer Schulentwicklung. Zudem haben wir mit allen Schulen  einen Hackathon veranstaltet. Das ist ein agiles Format, an dem über 100 Lehrer:innen und Schulleiter:innen teilgenommen haben, um ihre Vision von Schule als Lernraum der Zukunft zu teilen und weiterzuentwickeln. Das war eine partizipative Auftaktveranstaltung, bei der man ins Träumen gekommen ist.

Jetzt sind wir an dem Punkt, dass wir die Schulfamilien mit unterschiedlicher inhaltlicher Schwerpunktsetzung begleiten. Großer Schwerpunkt: Lernstandsmonitoring und integrierte Förderung von Basiskompetenzen im Rahmen projektorientierter Settings. Es geht mir dabei derzeit zunächst um die Veränderung der Haltung. Wir sagen beispielsweise: “Klar müssen Kinder an ihren Fehlerschwerpunkten üben. Aber begleitet sie. Schaut nicht nach vier Wochen, was sie nicht können, und gebt ihnen eine schlechte Note, sondern schaut am Anfang, wo sind die Stärken, wo sind die Schwächen, und macht dann adaptive Angebote, die sie motivieren, ihre Interessen berücksichtigen, sie begeistern. Schaut nach vier Wochen, dann wieder nach acht Wochen und so weiter.” Wir nutzen Levumi als Lernstandsmonitoring, eine Plattform des Kollegen Professor Markus Gebhardt an der Ludwig-Maximilians-Universität München, die umsonst nutzbar ist. Jeder kann seine Klasse anmelden und hat hier die Möglichkeit, in Deutsch, Mathematik, aber auch im sozialen Bereich für Kompetenzen den IST-Zustand festzulegen, individuelle Übungsaufgaben zu nutzen und die Lernentwicklung der Kinder individuell zu begleiten. Wir unterstützen beim Anlegen der Klassen, bei der Gestaltung motivierender Übungsphasen und speziellen Scaffoldingangeboten.

Ein zweiter großer Bereich ist das demokratische Lernen. Die digitale Plattform AULA-digital eröffnet den Schulen eine Möglichkeit, damit Kinder echte Mitbestimmung im Schulalltag konsequent erleben können.

Der dritte Bereich sind zukunftsrelevante Kompetenzen: Ziel ist die Auflösung von Fächergrenzen und Jahrgangsstufen in Phasen projektorientierten Lernens, in denen die Kinder miteinander an unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten arbeiten. Das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist eine wichtige Komponente, die wir in der dritten Säule etablieren wollen.

Im Projekt verändern wir darüber hinaus auch die Forschungsperspektive. Meine Doktorand:innen erheben keine Daten gemäß vorgefertigter Fragestellungen. Vielmehr steht auch hier der gemeinschaftliche Austausch im Mittelpunkt. Was wollen die Schulen, was brauchen sie in der Praxis? Wie können wir die Kinder unterstützen? Was passiert in diesen Austauschprozessen? Wissenschaftliche Fragestellungen ergeben sich aus dem Austausch  mit dem Ziel, einen Beitrag zur Veränderung zu leisten. Wir sehen unsere Aufgabe darin, Schulen in ihrem Transformationsprozess zu begleiten, gleichzeitig aber auch unsere Wissenschaftsperspektive an die Bedarfe der Praxis anzupassen und auch die Administration, also Schulaufsicht, Schulträger, konsequent mit einzubeziehen.

Was wir bis jetzt gelernt haben ist die Bedeutung regelmäßiger Vernetzungstreffen, analog und digital im Wechsel, nicht zu viel wollen, mit einem Aspekt anfangen, anschlussfähig bleiben und Schritt für Schritt mehr Kolleg:innen in den Prozess miteinbeziehen. Dann natürlich auch die Schulfamilien untereinander vernetzen, dass sie sich gegenseitig ihre Fortschritte präsentieren können. Meine Prognose: In fünf Jahren kann sehr viel passieren.

„Klar müssen Kinder an ihren Fehlerschwerpunkten üben. Aber begleitet sie. Schaut nicht nach vier Wochen, was sie nicht können, und gebt ihnen eine schlechte Note, sondern schaut am Anfang, wo sind die Stärken, wo sind die Schwächen, und macht dann adaptive Angebote, die sie motivieren, ihre Interessen berücksichtigen, sie begeistern. Schaut nach vier Wochen, dann wieder nach acht Wochen und so weiter.“

Prof. Dr. Uta Hauck-Thum

Ich nehme mit: Veränderung funktioniert nur in der Vernetzung. Man darf auch nicht auf Signale der Politik warten, sondern man fängt Bottom-Up an. Sie nennen viele Beispiele, welche Schritte man gehen kann. Wenn ich in fünf Jahren auf die Schulen schaue, die den Weg schon begonnen haben in ihrem Projekt CoTransform Freising, wie sieht denn dann in so einer Schule in fünf Jahren der Schulalltag aus? Wahrscheinlich nicht: erste Stunde Deutsch, zweite Stunde Mathe, dritte Stunde Religion, oder?

Auf jeden Fall arbeiten multiprofessionelle Teams zusammen, die damit beschäftigt sind, angepasst an die immer heterogener werdenden Lernausgangslagen der Kinder, Lehr- und Lernsettings zu gestalten, die es allen Kindern ermöglichen, Lernfortschritte zu machen. Ich sehe hier auch stark innerschulisch diese Vernetzungsstruktur, nicht die einzelne Person, die mit 25 bis 30 Kindern beschäftigt ist und damit über kurz oder lang überfordert sein wird, sondern eben Teamstrukturen. Ich sehe dazu Akteur:innen von außen, und zwar nicht nur punktuell, sondern kontinuierlich, damit hier auch Expertise beispielsweise von Künstler:innen, Forscher:innen, einfach von Impulsgeber:innen von außen kontinuierlich in diesen schulischen Alltag miteinbezogen wird. Dieser Ort, der mal Schule genannt wurde, muss auch nicht mehr nur in diesem Gebäude stattfinden, sondern kann regelmäßig an unterschiedlichen Orten sein, die bespielt werden, in denen die Lehrkräfte ihre Kooperationen auch mit externen Akteur:innen pflegen und die Kinder ganz selbstverständlich ihren Ort, ihr Quartier in diesen Unterrichtsalltag mit integriert sehen.

Und was die Prüfung angeht: Ich möchte betonen, dass es bei dem Konzept um einen Beitrag zu einer leistungsfähigen demokratischen Gesellschaft geht. Wenn man die Noten in Frage stellt, heißt das nicht, dass eine Art Beliebigkeit aufkommt und alle nur noch irgendwie machen, was sie wollen, ganz im Gegenteil. Wir brauchen aber von Anfang an eine andere Sicht auf Leistung. Klar muss man leistungsfähig sein und jede:r muss die Möglichkeit haben, sich individuell weiterzuentwickeln. Aber doch nicht nur, wenn dem Kind die gelbe Rübe vor die Nase gehalten wird, sondern weil es lernen will, weil es gerne mit Leuten zusammenarbeitet, die Potenziale sehen und gemeinsam Ziele formulieren, die auch erreicht werden können. Kinder wollen lernen und sich hin und wieder vergleichen, wollen sehen, dass sie sich verbessern. Aber von der Einteilung der Kinder in sechs Notenstufen müssen wir wegkommen. Wir brauchen ein anderes Bewusstsein, das schon leistungsorientiert ausgerichtet ist, ohne den Ansatz von Bestrafung und Belohnung. Diesen halte ich auch in der Erziehung für relativ fragwürdig. Es geht doch darum, Kinder zu begleiten. Sie sollen ihre Leistung zeigen können, aber nicht mehr in Form klassischer Prüfungsformate. Interessant wäre, die Lern- und Persönlichkeitsentwicklung potenzialorientiert in einem multimodalen Portfolio zu dokumentieren, das sich über die Bildungskette hinweg füllt. Spätere Arbeitgeber hätten dann die Möglichkeit, sich zu informieren: „Wer kommt denn da? Was bringt denn die Person mit? Da ist ja eine besondere Eignung vorhanden, diese und jene Expertise kann genutzt werden.“ Es geht dabei darum, die Passung zu erhöhen und die individuelle Leistungsentwicklung von Kindern in den Blick zu nehmen. Die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft nimmt dadurch keineswegs ab. Ganz im Gegenteil. Auch besonders begabte Kinder mit besonderen Potenzialen brauchen von Anfang an die Möglichkeit, diese weiter zu entfalten, auch in der Auseinandersetzung mit inspirierenden Personen von außen. Aber das heißt nicht, dass man sie in bestimmten Schularten parken muss. Ich stelle mir vor, dass wir eine gemeinsame Schulzeit haben mit einer intensiven individuellen Förderung aller Kinder und intensiven Phasen sozialen und demokratischen Lernens, in denen alle wieder zusammenkommen. Ich brauche sowohl diese Phasen der individuellen adaptiven Lernbegleitung auf ganz unterschiedlichen Niveaus und zudem dieses soziale demokratische Lernen für alle. Dabei profitieren vor allem auch die Kinder mit unterschiedlichen Lernausgangslagen von dem Austausch, von dem Miteinander, von dem kontinuierlichen Prozess, der in einer Umgebung stattfindet, der Kinder in ihrer Individualität wahrnimmt, fördert, begleitet und nicht nur bewertet. Und dafür sind keine drei Schularten nötig, durch die eine vermeintliche Homogenisierung erreicht wird, sondern Lehrkräfte, die in der Lage sind, in Teams datengestützt passende Angebote auf unterschiedlichen Lernniveaus zu generieren. So wäre meine Vision von Schule, und diese Vision gebe ich in die Diskussion.

„Das ist meine Vision von Schule und diese gebe ich in die Diskussion.“

Prof. Dr. Uta Hauck-Thum

Prof. Dr. Uta Hauck-Thum

Uta Hauck-Thum ist Professorin für Grundschulpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, unterstützt als Mitglied des Begleitgremiums den Kompetenzverbund lernen:digital bei seiner strategischen Ausrichtung und beteiligt sich darüber hinaus am Projektverbund DiäS, wo sie zu digitaler poetischer Bildung forscht.

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Takeaways
  • Lernziele im Fokus: Zukunftstechnologien als Tools sollten im Unterricht so ausgewählt werden, dass sie der Erreichung gewünschter Kompetenzen oder Lernziele dienen. Das bedeutet auch, auf sie zu verzichten, wenn sie nicht zu den Zielen beitragen.

  • Schnell individualisiertes Material: In der Digitalität ergeben sich neue Möglichkeiten, eine Vielzahl von individuell angepassten Darstellungsformen, sog. multiple Repräsentationen, und methodischen Zugängen für Unterrichtsinhalte schnell zu erstellen. Schüler:innen erhalten auf diese Weise leichter individuell erstellte Lernpfade für ihren eigenen, personalisierten Kompetenz- und Wissenserwerb.

  • Lernpfade mit Künstlicher Intelligenz: Prädiktive Künstliche Intelligenz erlaubt datenbasierte Vorhersagen über das Lernverhalten der Schüler:innen und kann so multiple Repräsentationen passend zu ihren Lernvoraussetzungen, -motivationen, -zielen und -entwicklungen auswählen. Dadurch lassen sich individuelle Lernpfade dynamisch und kompetenzorientiert anpassen. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Unterricht erfordert allerdings unter anderem auch einen transparenten Umgang mit dem Thema Datenschutz und Kompetenzen für die adäquate Anwendung entsprechender Tools.

Zunächst einmal die Frage an Sie, was heißt denn eigentlich Heterogenität im Schulkontext? Wie zeigt sie sich im Unterricht?

Jochen Kuhn: Ohne jetzt tief in die Forschung eingehen zu wollen: Heterogenität ist so zu sehen, dass Lernende mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Lernpräferenzen bei uns im Unterricht ankommen. Das ist auch kein Phänomen, das es erst seit heute gibt, sondern eigentlich schon seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten. Nur die Unterschiede zwischen den Lernenden sind größer geworden. Und es ist auch nicht nur so, dass das enge fachspezifische Lernvoraussetzungen sind, sondern auch Sprach- und Lesefähigkeit sowie Umsetzungskompetenzen. Die Unterschiede in diesen Voraussetzungen sind aus verschiedenen Gründen gerade in letzter Zeit auch zusehends größer geworden – wie uns auch die PISA-Studie zuletzt gezeigt hat.

Was müsste man denn hier tun, um unterstützen zu können?

Jochen Kuhn: Zunächst muss festgestellt werden, welche Lernvoraussetzungen die Schüler:innen zu Beginn des Unterrichts mitbringen. Dann müsste man die Schüler:innen gemäß ihren Lernvoraussetzungen, Lernpräferenzen und auch ihrer Motivation und ihren Einstellungen in unterschiedlicher Weise unterstützen. Wenn ich jetzt vom naturwissenschaftlichen Unterricht ausgehe, dann wissen wir sehr gut, dass wir in den Naturwissenschaften eine Art kognitiven Werkzeugkasten haben, der aus verschiedenen Darstellungsformen, sogenannten multiplen Repräsentationen besteht. Neben einem naturwissenschaftlichen Text findet man häufig eine Grafik oder auch eine Formel vor, was im Prinzip kognitive Werkzeuge sind, mit denen man den Inhalt und die domänenbezogenen Konzepte versteht. Die Präferenzen und Verarbeitungsfähigkeiten für diese Werkzeuge sind aber individuell verschieden. Das heißt, wenn jetzt beispielsweise eine Schülerin mehr mithilfe eines Textes den Inhalt erschließen kann und eine andere Schülerin aber mit den formalen Zusammenhängen, ist das eine wichtige Information und Erkenntnis, um Lernende individualisiert fördern zu können.

Wie können innovative Technologien, also das, wozu Sie forschen, helfen, besser mit individuellen Unterschieden umzugehen?

Jochen Kuhn: Wenn man sich vorstellt, dass wir im Prinzip jeder Schülerin oder jedem Schüler die jeweils geeignete Darstellungsform anbieten müssten, ist dies natürlich im realen Klassenraum mit Papier und Bleistift sehr schwer möglich. Der Vorteil von Multimedia und Digitalität ist, dass solche verschiedenen Arten von Darstellungen sehr schnell erzeugt und in verschiedenen Formaten bereitgestellt werden können, weshalb sich digitale Medien für einen individualisierten Unterricht sehr gut eignen. Man muss nur verstehen, wie am besten individualisiert gelernt wird, um tatsächlich die gleichen Kompetenzen zu erwerben. Denn am Ende sollen alle Lernenden vergleichbare Kompetenzen haben, auch wenn der Weg dorthin individuell verschieden sein kann. Lernende erschließen somit naturwissenschaftliche Inhalte mit verschiedenen Arten von Repräsentationen, wobei die eine Schülerin besser mit einem Text oder mit einem Bild oder deren Kombination umgeht, der andere Schüler aber vielleicht besser mit einer Formel lernt. Dadurch kann man im Lernverlauf diese Schüler:innen entsprechend ihren Lernpräferenzen genau mit den individuell präferierten Darstellungen zu einem gleichen Lerninhalt unterstützen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Schulbuch, das genau solche Präferenzen erkennen und die Inhalte individualisiert anbieten könnte. Das würde bedeuten, dass die gleiche Schulbuchseite bei einer Schülerin anders aussieht als bei einer anderen, weil die Lernpräferenzen anders sind. Nur am Ende der Unterrichtseinheit sollen trotzdem alle die Leistungsüberprüfung erfolgreich meistern können.

„Der Vorteil von Multimedia und Digitalität ist, dass solche verschiedenen Arten von Darstellungen sehr schnell erzeugt und in verschiedenen Formaten bereitgestellt werden können, weshalb sich digitale Medien für einen individualisierten Unterricht sehr gut eignen. Man muss nur verstehen, wie am besten individualisiert gelernt wird, um tatsächlich die gleichen Kompetenzen zu erwerben.“

Jochen Kuhn

Jetzt haben Sie in Ihrer Forschung viel mit neuen Technologien wie Virtual Reality oder auch KI zu tun. Wie kommen solche Tools hier zum Einsatz, um diese Lernpfade zu gestalten?

Jochen Kuhn: Das eine ist, dass man den Schüler:innen diese Darstellungsformen bereitstellen, also passende Lernumgebungen erstellen muss. Dazu braucht man Medien, die solche Adaptionen auch ermöglichen. Da kommen Tools wie Virtual oder Augmented Reality ins Spiel, die gerade im naturwissenschaftlichen Unterricht, wo es auch ums Experimentieren geht, durchaus große Mehrwerte gegenüber traditionellen Medien haben. Wir wissen aus der Forschung, dass beim Experimentieren der größte Lerneffekt erreicht wird, wenn man reales und virtuelles Experimentieren kombiniert. Das kann man natürlich sequentiell machen. Man kann es aber auch zeitgleich machen, indem zum Beispiel mit Augmented Reality zusätzliche virtuelle Informationen zum realen Experimentaufbau mit einem digitalen Medium, wie einem Tablet oder einer intelligenten Brille, eingeblendet werden, die beim realen Experiment fehlen. Die Schüler:innen können dann, genau wie im normalen Realexperiment, die realen Experimentkomponenten variieren und sehen dann sofort die Effekte, die das beispielsweise auf virtuell eingeblendete Größen hat. So kann z.B. die Variation des elektrischen Stromes durch eine reale Magnetspule mit einem realen Netzgerät ein virtuell eingeblendetes Magnetfeld verändern.

Wenn ich aber verstehen möchte, welche Art von virtueller Unterstützung oder Darstellung das Experiment anreichern soll, muss ich wieder die individuellen Lernpräferenzen der Lernenden kennen. Und man muss vorhersagen können, was die beste Lernunterstützung wäre, damit die Schülerin und der Schüler erfolgreich lernt. Da kann Künstliche Intelligenz ins Spiel kommen, mit der man aufgrund des Schülerverhaltens versucht vorherzusagen, mit welchen Mitteln Schüler:innen am besten unterstützt werden können, um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen.

Dieses Schülerverhalten kann unterschiedlich erfasst werden. Man kann es z.B. mit Fragebögen oder Tests diagnostizieren und mit diesen Daten einen Algorithmus trainieren, der dann ein Lernprofil aufzeigt, das für andere Lernenden als Vergleich herangezogen wird. Bei anderen Lernenden wird geprüft, welches Profil vermeintlich am besten geeignet ist, um gleiches Lernverhalten vorherzusagen. Das Lernverhalten kann aber auch direkt mithilfe physiologischer Daten erfasst werden, beispielsweise mit Blickbewegungen, die eine hohe kognitive Prädiktion haben, also eine hohe kognitive Aussagekraft.

„Wir wissen aus der Forschung, dass beim Experimentieren der größte Lerneffekt erreicht wird, wenn man reales und virtuelles Experimentieren kombiniert.“

Jochen Kuhn

Haben Sie denn ein ganz konkretes Beispiel, wie so etwas auf einen Unterrichtsgegenstand angewendet werden kann?

Jochen Kuhn: Bleiben wir wieder bei unserem digitalen Schulbuch und gehen wir mal davon aus, dass es Blickdaten erfassen kann. Eine solche Technologie nennt man Eye-Tracker, die zwar immer noch zu teuer für Schulen ist, aber in naher Zukunft auch mithilfe integrierter Webcams möglich sein wird. Das heißt, dass jedes Gerät oder jedes digitale Medium, das eine Webkamera eingebaut hat, auch Blickdaten erfassen könnte. Wir sollten uns also nicht um die Frage kümmern, ob die Technologie irgendwann bereitsteht, sondern um die Frage des pädagogisch sinnvollen Einsatzes der Technologie. Gehen wir mal davon aus, dass Blickdaten durch das digitale Schulbuch kostengünstig und technologisch einfach erfasst werden können. Die Schülerin oder der Schüler liest entlang des Schulbuchs und die Lernumgebung erkennt aufgrund der blickdatenbasierten Interaktion mit den Darstellungen auf der Schulbuchseite, dass das Blickverhalten einem Blickmuster ähnelt, bei dem eine bestimmte Unterstützungsmaßnahme zum Lernerfolg geführt hat. Dann bekommt dieser Schüler oder diese Schülerin ebenso eine Unterstützungsmaßnahme in gleicher Form bereitgestellt. Würde diese Unterstützungsmaßnahme nicht der Lernpräferenz der Lernenden mit zugehöriger Lernvoraussetzung entsprechen, würde eine andere Unterstützungsmaßnahme eingeblendet und erfasst werden, wie die Schüler:innen damit lernen.

Was sind denn die pädagogischen Ziele und sinnvolle Einsatzgebiete für solche Technologien? Also was wollen Sie damit bewirken?

Jochen Kuhn: Als fachbezogene Bildungsforscher gehen wir der Frage nach, wie man Schüler:innen, kognitiv und affektiv zum besten Lernergebnis führen kann. Dazu gibt es etablierte Lerntheorien aus denen wir den sinnvollen Einsatz von KI, AR und VR ableiten können. Wir fragen uns immer, welches (Lern-)Ziel erreicht werden soll, und basierend auf welchen dazu passenden Lerntheorien, welche Hypothesen ableitbar sind (für z.B.  Lernzuwachs, Lernerfolg oder auch Motivationsförderung). Erst dann entscheiden wir, ob und, wenn ja, welches Tool geeignet ist, um diese Hypothese am besten zu bestätigen oder zu verwerfen. Das bestmöglich geeignete Tool muss gar nicht immer KI oder sonst eine Technologie sein. Also: nicht die Technologie um der Technologie willen einsetzen, sondern um damit den Zweck der dahinterstehenden, pädagogisch-psychologischen Frage-/Zielstellung zu erfüllen. So spielen auch stets ganz typische Fragen der Bildungsforschung, wie beispielsweise Fragen zum selbstregulierten Lernen oder Feedback eine große Rolle, die jetzt mittels großer Sprachmodelle wie ChatGPT auf eine ganz neue Art und Weise adressiert werden können. So stellt sich etwa die Frage, in welcher Weise Feedback, das von einem KI-Chatbot gegeben wird, auch wirklich erfolgreich für das Lernen ist oder dafür verwendet werden könnte. Solche und andere Fragestellungen sind noch unbeantwortet, und müssen in kommender Zeit umfassend untersucht werden.

Wenn Sie sagen, Sie müssen solche Fragestellungen untersuchen, gehen Sie ja wahrscheinlich auch in Schulklassen und untersuchen das auch wirklich vor Ort. Wie wird denn das Angebot im Unterricht angenommen? Also was sagen Schüler:innen, Eltern und auch Lehrer? Sehen sie den Bedarf bzw. die Idee dahinter oder gibt es da auch Bedenken, die Sie dann adressieren müssen?

Jochen Kuhn: Sowohl als auch. Das Problem bei KI ist beispielsweise, dass heutzutage der Begriff KI häufig mit ChatGPT oder mit Sprachmodellen gleichgesetzt wird, was eigentlich falsch bzw. zu eingegrenzt ist, weil Sprachmodelle oder ChatGPT nur eine Facette von KI sind. Von daher ist das ein Problem, auf das hingewiesen werden muss. Die Grundidee, die hinter Künstlicher Intelligenz steckt, ist eigentlich immer gleich: dass Daten vorhanden sind, mit denen Vorhersagen gemacht oder aus denen Informationen/Inhalte erzeugt werden können. Daher sind in diesem Kontext Datenschutzbedenken auch völlig legitim, weil Schule ein Schutzraum ist, in dem Schüler:innen lernen sollen, ohne sich Sorgen über die Unversehrtheit der Daten machen zu müssen. Das muss alles sicher erfasst, verarbeitet, gespeichert und weitergegeben werden.

Alles in allem sehen wir, dass dieses Thema in der Gesellschaft bereits so breit verankert ist, dass es ein bleibendes Phänomen sein wird. Das heißt, die Gesellschaft muss noch stärker auf dieses Thema und dessen Für und Wider sensibilisiert und über den sachgerechten, reflexiven Umgang damit aufgeklärt werden. Prinzipiell stellt sich für einen Einsatz insbesondere auch im Bildungsbereich immer die Frage des Mehrwerts. Der Mehrwert kann auch die Entlastung von Lehrkräften oder von Eltern sein, wozu solche Tools auch geeignet sind. Dabei muss auch auf Risiken der Technologien, wie z. B. von Halluzinationen bei Sprachmodellen, geachtet werden. Solche Fragen spricht man mit den Beteiligten transparent an und klärt offene Fragen. Man muss von Anfang an auch das ganze Thema Datenschutz sehr klar offenlegen. Welche Daten werden erhoben? Was macht man damit? Wie werden sie technisch transferiert? Wo werden sie gespeichert? Wer hat Zugriff darauf? All das müssen die Eltern, Schüler:innen, die Lehrkräfte, die Schulen und auch natürlich die Aufsichtsbehörden und Datenschutzbeauftragten wissen und dann auch genehmigen, dass man das tun darf.

„Wir fragen uns immer, welches (Lern-)Ziel erreicht werden soll, und basierend auf welchen dazu passenden Lerntheorien, welche Hypothesen ableitbar sind (für z.B.  Lernzuwachs, Lernerfolg oder auch Motivationsförderung). Erst dann entscheiden wir, ob und, wenn ja, welches Tool geeignet ist, um diese Hypothese am besten zu bestätigen oder zu verwerfen.“

Jochen Kuhn

Gibt es weitere Rahmenbedingungen, die Sie herstellen müssen, also zum Beispiel auch, was die Lehrkräfte betrifft? Brauchen sie Schulungen, wie Zukunftstechnologien eingesetzt werden können?

Jochen Kuhn: Das hängt ein bisschen von der Technologie ab. Wenn wir bei dem hoch dynamischen Thema KI, und jetzt speziell ChatGPT oder Sprachmodellen im Ganzen, sind, dann ist es schon so, dass es sich dabei um sehr mächtige Tools handelt, bei denen es aber auch sehr viel Expertise bedarf, um sie adäquat zu nutzen. Das heißt also, auch hier ist ein wichtiger Auftrag an uns als Einrichtungen der Lehrkräftebildung, diejenigen, die sich damit beschäftigen, also Lehrkräfte, aber auch Entscheidungsträger wie Kultusministerien sowie Eltern und natürlich auch Lernende selbst, von Anfang an einzubeziehen und mitzunehmen. Das bedeutet, dass sie sich kompetent fühlen, solche Tools zu nutzen und sich befähigt fühlen zu entscheiden, ob ein Tool oder ein Verfahren, ein Medium für ein gewünschtes Unterrichtsziel geeignet ist. Also eine Art reflexive Medienkompetenz.

Das gilt für KI in besonderem Maße, weil neben der Mächtigkeit des Tools auch eine hohe Sensibilität gegenüber der Bedienung besteht. Wenn man bedenkt, dass vor 24 Monaten niemand etwas mit dem Wort Prompt/ing anfangen konnte und es jetzt aber eine große Rolle für die Bedienung eines fast täglich verwendeten KI-Tools spielt, ist die Dynamik des ganzen Themas erkennbar. Prompt bedeutet aber nichts anderes als die Kommunikation des Menschen mit einem KI-Sprachmodell. Die Art der Kommunikation, dieser Aufforderung, entscheidet in höchstem Maße über die Reaktion des Chatbots – und das ist in diesem Fall genau die Kompetenz, die mittlerweile für Lernende aber auch für Lehrende sehr relevant ist. Infolge der Komplexität dieser Zusammenhänge sind Promptingstrategien keine Selbstläufer. Genau darum ist es umso wichtiger, dass man Lehrkräfte dazu ausbildet, weil die Möglichkeiten, die solche Tools bieten, sehr groß sind – aber auch die Risiken, die bei falscher Verwendung bestehen.

Wir hatten es von Lehrkräften, jetzt geht es auch darum, die Schüler:innen anzusprechen, wie Sie gesagt haben, vielleicht zu motivieren. Wie reagieren die Schüler:innen typischerweise auf, zum Beispiel, sowas wie den Einsatz von ChatGPT aber auch AR/VR?

Jochen Kuhn: Auch da gibt es ganz unterschiedliche Arten von Reaktionen. Wenn man die Technologien sehr fachbezogen einsetzt, dann werden sie prinzipiell, wie ein Tool sehr zielgerichtet verwendet. Dann wird die Lernumgebung auch von den Schüler:innen nicht so wahrgenommen, wie eine VR-Brille, die sie zu Hause für ein Videospiel verwenden. Es wird aber schon damit verglichen. Das heißt also, die Verwendung einer Technologie, die im Alltag schon Einzug gehalten hat, hat auf affektiver Ebene auch gleich das Konkurrenzlevel mit den Angeboten, die im Alltag verfügbar sind. Das ist natürlich auch wieder ein zweischneidiges Schwert, weil z. B. Lernangebote im Format von sehr designorientierten Spielen eben nicht die Regel sind. Aber unseren Erkenntnissen nach, werden die Schüler:innen nicht vom Lerninhalt abgelenkt, wenn das Tool fachbezogen eingesetzt wird. Auch wenn Lernumgebungen in der Regel nicht diesen Spaßeffekt wie eine Spieleumgebung haben, können sie beim Erschließen neuer Dinge – z. B. Unsichtbares sichtbar machen – bei den Schüler:innen einen „Wow-Effekt“ erzeugen. Wir hatten jetzt gerade zuletzt eine Lerngruppe in unser Schülerlabor eingeladen, die bei uns die physikalischen Zusammenhänge in einem Teilchenbeschleuniger exploriert haben. Sie arbeiteten mit einem LEGO Modell eines CERN Teilchendetektors. Sobald die Schüler:innen eine AR-Brille aufsetzten oder ein iPad vor das LEGO Modell hielten, sahen sie virtuell augmentiert über den realen Komponenten des Modells, wie die Teile des Beschleunigermodells funktionieren und konnten die physikalischen Zusammenhänge dazu explorieren. In solchen Situationen ist die erste Schülerreaktion oft ein Wow-Effekt! Aber für uns als Bildungsforscher heißt es natürlich noch nicht, dass sie damit besser lernen. Einen Wow-Effekt zu erzeugen ist nicht das (einzige) Ziel, sondern es geht vor allem darum, Lernen zu fördern.

„… hier ist ein wichtiger Auftrag an uns als Einrichtungen der Lehrkräftebildung, diejenigen, die sich damit beschäftigen, also Lehrkräfte, aber auch Entscheidungsträger wie Kultusministerien sowie Eltern und natürlich auch Lernende selbst, von Anfang an einzubeziehen und mitzunehmen. Das bedeutet, dass sie sich kompetent fühlen, solche Tools zu nutzen und sich befähigt fühlen zu entscheiden, ob ein Tool oder ein Verfahren, ein Medium für ein gewünschtes Unterrichtsziel geeignet ist.“

Jochen Kuhn

Wenn eine Lehrkraft so eine Zukunftstechnologie im Unterricht einsetzen möchte, wie kann sie vorgehen?

Jochen Kuhn: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen gibt es für das Design von Lernumgebungen mit AR oder VR spezifische Applikationen, mit denen sich die Lehrkräfte modulartig ihre Lernbausteine zum Beispiel zu einem Experiment zusammenstellen können. Dann können sie beispielsweise in eine AR-Umgebung zur Optik oder Elektrik mit ihren iPads virtuelle Zusatzinformationen oder Visualisierungen über die realen Komponenten des Experiments einblenden. Bei KI ist es genauso – auch dazu gibt es Tools. Entweder nutzt man vorhandene Umgebungen, wie z. B. ChatGPT, wenn man eine datenschutzgerechte Nutzung berücksichtigt, und muss dann aber auch befähigt sein, angemessen mit dem System zu kommunizieren, also zu prompten. Es gibt auch Applikationen, die Hilfestellungen bei der Verwendung solcher KI-Tools bieten, indem sie Prompt-Beispiele bereitstellen, die Lehrkräfte verwenden oder anpassen und ihre eigenen Unterrichtsmaterialien selbst erstellen können. Sie können zu ihren Materialien auch „Musterlösungen“ eingeben, sodass das Feedback oder die Antwort des Chatbots nicht fehlerhaft sind, also die Wahrscheinlichkeit für Halluzinationen minimiert wird. Trotzdem ist es sehr wichtig, dass Lehrkräfte zumindest grundlegend befähigt werden, solche Tools im Unterricht einzusetzen– das betrifft sowohl ein Lernen mit als auch ein Lernen über KI.

Prof. Dr. Jochen Kuhn

Jochen Kuhn ist Inhaber des Lehrstuhls für Didaktik der Physik an der Fakultät für Physik der LMU München. Seine Forschungsschwerpunkte sind das Lernen und Problemlösen mit multiplen Repräsentationen unter Verwendung von Zukunftstechnologien (AR/VR), das Lehren und Lernen mit und über künstliche Intelligenz in MINT-Fächern und die Verwendung physiologischer Messverfahren zur Analyse von Lernprozessdaten (z.B. Eyetracking oder EEG).

Jochen Kuhn hat das Immersive Quantified Learning Lab (iQL) am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) mit aufgebaut und ist seit Mai 2024 Fellow der Konrad Zuse School of Excellence in Reliable AI (relAI) für die Focus Area „AI in Education“.

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Takeaways
  • Immersive Erfahrung historischer Orte: Virtual Reality (VR) ermöglicht Schüler:innen, historische Stätten virtuell zu erkunden, was sonst aufgrund von Zugangsbeschränkungen oder Entfernung nicht möglich wäre. Diese immersive Erfahrung trägt dazu bei, das Verständnis für Geschichte zu vertiefen. Gleichzeitig entwickeln die Schüler:innen Medienkompetenz und kritisches Denken, indem sie sich der Frage stellen, welche Aspekte der virtuellen Umgebungen belegbar sind und welche nicht.

  • Eigenständige Projektarbeit: Schüler:innen haben die Möglichkeit, eigene VR-Projekte zu historischen Orten zu entwickeln. Dadurch können sie nicht nur ihre kreativen Fähigkeiten stärken, sondern auch tiefer in die Materie eintauchen und ein persönliches Verständnis für die Geschichte entwickeln. Diese aktive Teilnahme am Lernprozess führt zu einer nachhaltigeren Lernerfahrung.

  • Einfache Integration und Akzeptanz: Lehrkräfte sollten die Technologie als bereicherndes Unterrichtstool betrachten und sich auf einfache Integrationsmethoden konzentrieren, um die Akzeptanz im Klassenzimmer zu steigern. Durch die Nutzung von vorhandenen Ressourcen wie Smartphones oder einfachen 360°-Videos können Lehrkräfte die Vorteile von VR ohne komplexe technische Anforderungen nutzen und so einen Mehrwert für den Geschichtsunterricht schaffen.

Herr Kuchler, Herr Muckel, Sie beschäftigen sich mit dem Einsatz von VR (Virtual Reality) im Schulunterricht. Mit welchem didaktischen Sinn kann man VR im Geschichtsunterricht gut einbinden?

Christian Kuchler: VR ermöglicht es, historische Orte noch stärker in den Unterricht mit einzubeziehen. Bislang ist es sehr aufwendig, eine Exkursion zu einem historischen Ort zu unternehmen. Es ist ja schwer möglich, dass Schüler:innen der sechsten Klasse zu den Pyramiden nach Gizeh fahren. Eine Exkursion dorthin ist faktisch unmöglich. Aber den historischen Ort über Virtual Reality-Angebote zu erkunden, als Quelle zu erschließen, ist eine neue Dimension für das historische Lernen auch im schulischen Kontext, die wir vielleicht künftig noch viel stärker in den Blick nehmen können.

Kristopher Muckel: In dem Kontext kann der Geschichtsunterricht auch seiner Aufgabe im Bereich von Medienkompetenz auf eine ganz neue Art und Weise gerecht werden, gerade mit Blick auf Aspekte der Medienkritik. Wenn Schülerinnen und Schüler sich in virtuellen Umgebungen befinden, wird die Frage nach dem, was belegbar ist, was man im Virtuellen sieht, was eben nicht, was Fakt und was Fiktion ist, auf ganz neue Art und Weise herausgefordert. Denn Virtual Reality als immersives Medium möchte eigentlich nicht analysiert werden. Und Schülerinnen und Schüler dafür zu sensibilisieren, nicht hinzunehmen, was das Medium ihnen präsentiert, sondern zu hinterfragen, ist etwas, was der Geschichtsunterricht hier mit historischem Gegenstand leisten kann, was aber sicherlich auch über den Geschichtsunterricht hinaus von Bedeutung sein kann.

„Wenn Schüler:innen sich in virtuellen Umgebungen befinden, wird die Frage nach dem, was belegbar ist, was man im Virtuellen sieht, was eben nicht, was Fakt und was Fiktion ist, auf ganz neue Art und Weise herausgefordert.“

Kristopher Muckel

Können Sie ein paar Beispiele nennen für die Begegnung mit historischen Orten?

Christian Kuchler: Eine Möglichkeit ist der Besuch von Gedenkstätten. Schulische Exkursionen zu früheren Orten von NS-Gewaltverbrechen, aber auch von SED-Diktatur, wird gesellschaftlich ein ganz hoher Stellenwert zugeschrieben. Wir haben am Beispiel von Exkursionen zum ehemaligen KZ Auschwitz-Birkenau untersucht, ob diese Fahrten ergänzt werden können über VR-Angebote. 360°-Filme können dazu dienen, solche Exkursionen noch vertiefter nachzubereiten. Gerade in Oświęcims, also in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, sind fast immer sehr, sehr viele Besucherinnen und Besucher. Das heißt, Schüler:innen können den Ort gar nicht so auf sich wirken lassen, gar nicht so analysieren, wie sie das vielleicht gerne möchten. Dadurch ergibt sich durch 360°-Filme das Potenzial, im Nachklang den besuchten historischen Ort noch einmal vertiefter zu analysieren und dadurch vielleicht auch noch mehr über die Vergangenheit zu erfahren.

360°-Videos

360°-Videos sind Videoformate, die es ermöglichen, 360-Grad-Ansichten einer Szene zu erleben. Die Videos werden mithilfe spezieller 360°-Kameras aufgenommen oder aus den Aufnahmen mehrerer Kameras zusammengefügt. Beim Ansehen des Videos kann die Perspektive jederzeit individuell geändert werden, d.h. die betrachtende Person entscheidet während das Video abspielt, welchen Ausschnitt der Umgebung sie aus der Kameraperspektive ansieht. 360°-Videos können bspw. im Webbrowser angesehen oder als Virtual-Reality-Videos bereitgestellt werden. Durch die Verwendung einer Virtual-Reality-Brille kann das Gefühl, in einer realen Umgebung zu sein, verstärkt werden.

(Quelle: e-teaching.org)

Gibt es denn auch Beispiele, wo Schüler und Schülerinnen produktiv VR-Umgebungen entwickeln können?

Kristopher Muckel: Gerade wenn es um Orte geht, die weniger häufig besucht werden, bietet sich die Möglichkeit, dass Schüler:innen im Rahmen der Exkursion tatsächlich selbst 360°-Aufnahmen des Ortes machen. Das kann, wenn verfügbar, mit 360°-Kameras passieren, für die meisten Anwendungen reichen aber tatsächlich auch Panoramaaufnahmen, die man im Grunde mit jedem beliebigen Smartphone machen kann. Das Potenzial, das wir hierin sehen, ist, dass die Lernenden einerseits am Ort in ihrer Aufmerksamkeit gesteuert werden: Was möchte ich mitnehmen? Und auf der anderen Seite, dass sie in der Nachbereitung im Unterricht einen wesentlich stärkeren Eindruck dieses Ortes weiterverarbeiten können. Sie haben dort die Möglichkeit, aus den gemachten Aufnahmen selbst eine Art virtuellen Nachbau ihrer Exkursion zu machen, den sie mit ihren eigenen Eindrücken, aber auch mit Quellenmaterial, beispielsweise in selbst erstellten Infotexten, anreichern können.

Erzählen Sie uns doch ein bisschen darüber, wie Schüler:innen und Lehrkräfte überhaupt auf VR, AR reagieren, wenn sie es im Unterricht erleben. Was passiert, wenn die erste Begeisterung oder Skepsis schon abgebaut ist und man wirklich anfängt, mit dem Material zu arbeiten?

Kristopher Muckel: In der ersten Begegnung von Schüler:innen mit Virtual Reality hat man meistens erstmal einen Anstieg der Motivation: Wow, es passiert was Neues im Unterricht. Das ist etwas, was man so im Alltag in der Schule im Grunde nie erlebt. Die zweite Reaktion ist: Oh. Weil es einfach nicht das ist, was Lernende von Virtual Reality erwarten. Die Erwartungen sind durch Videospielanwendungen auf eine Art und Weise geprägt, was die historische Virtual Reality Anwendung aber nicht leisten kann und auch nicht leisten will.

Überwindet man diese Phase, bleibt es jedoch weiter schwierig, mit Lernenden das immersive Medium wirklich zu analysieren. Kommt man dann aber dahin, ergeben sich durchaus hochinteressante Effekte, gerade weil die Wahrnehmung der Virtual Reality sehr, sehr individuell ist. Stellen Sie sich vor, Sie haben die Möglichkeit 360° um sich herum Dinge zu betrachten. Dann ist die Spannweite dessen, was die einzelnen Lernenden tatsächlich in den Fokus nehmen, häufig wesentlich divergenter, als wenn sie ein lineares Medium vor sich liegen haben.

Auf Seiten der Lehrkräfte überwiegt häufig am Anfang die Skepsis mit Blick auf die Technik. Für Lehrkräfte ist es sehr wichtig, vor ihrer Lerngruppe kompetent zu wirken und man möchte, so haben unsere Interviews mit Lehrkräften ergeben, unbedingt vermeiden, dass es nicht funktioniert. Überwindet man diese Schwelle insbesondere auch dadurch, dass man den Lehrkräften klar macht, dass sie nicht direkt mit einem Koffer mit VR-Brillen in den Unterricht gehen müssen, sondern tatsächlich technisch simpel mit einem 360°-Video, dass sie am Smartboard zeigen oder mit Smartphones anfangen können, kommt man sehr schnell dahin, dass Lehrkräfte der Überzeugung sind, dass sie aus ihrer Ausbildung und ihrer Erfahrung heraus die didaktische Kompetenz haben, diese Medien einzuführen und sich allenfalls noch eine Handreichung wünschen: Wo finde ich das, worauf muss ich achten, was sind die Inhalte? Darüber hinaus sind Lehrkräfte wie gesagt durchaus der Ansicht, die didaktische Kompetenz zu haben, Virtual Reality einzusetzen.

„Virtual Reality wird ein weiteres Angebot in der Fülle der Angebote sein, die bereits für den Geschichtsunterricht bestehen. Ein Angebot, das die Digitalität noch weit mehr ausschöpft, als das bislang der Fall war und das für Lernende eine große Möglichkeit gibt, sich im digitalen Raum noch kompetenter zu bewegen und zusätzliche Methodenkompetenzen gerade im Umgang mit immersiven Medien zu erwerben.“

Christian Kuchler

Gibt es Momente, wo Sie daran zweifeln, dass VR tatsächlich in Zukunft in der Breite des Geschichtsunterrichts eingesetzt werden wird?

Christian Kuchler: Die Zweifel gibt es im Moment sicherlich noch, weil ganz viele Lehrkräfte, aber auch viele Schüler:innen das Medium noch überhaupt nicht kennen. Ich glaube, dass es nicht so sein wird, dass VR den Geschichtsunterricht dominieren, sondern es wird ein weiteres Angebot sein in der Fülle der Angebote, die bereits für den Geschichtsunterricht bestehen. Ein Angebot, das die Digitalität noch weit mehr ausschöpft, als das bislang beispielsweise beim Einsatz von Filmen der Fall war, und eines, das für Lernende eine große Möglichkeit gibt, sich im digitalen Raum noch kompetenter zu bewegen und zusätzliche Methodenkompetenzen gerade im Umgang mit immersiven Medien zu erwerben.

„Die Zukunftsfähigkeit von Lehrkräften und Schüler:innen mit Blick auf digitale Medien hängt in großem Maße an ihrer digitalen Souveränität: Dass Lernende und Lehrende sich nicht von dem Medium treiben lassen, sondern ganz konkret und kompetent damit arbeitend interagieren können.“

Christian Kuchler

Über den Projektverbund ReTransfer

Im Projektverbund ReTransfer aus fünf Hochschulen und dem DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation werden digitale Fachkonzepte für anwendungsfähige digitale Lehrkräftefortbildungen im Bereich der Gesellschaftswissenschaften länderübergreifend entwickelt und angewandt.

Die in ReTransfer entwickelte Fortbildung „Geschichte lernen virtuell? Chancen und Herausforderungen des Einsatzes von Virtual Reality im Geschichtsunterricht am Beispiel von VR-Anwendungen zu historischen Orten“ besteht aus vier Selbstlern- und vier synchronen Modulen. Lehrkräfte und Landesinstitute wurden im Kontext offener Bildungspraktiken partizipativ in die inhaltliche und organisatorische Entwicklung eingebunden.

Geschichte und Zukunft ist eine spannende Kombination, die ja auch derzeit viel diskutiert wird. Können Sie uns teilhaben lassen, wie Sie persönlich die Entwicklung des Schulfachs Geschichte in den nächsten zehn Jahren sehen, sowohl allgemein als auch in Bezug auf digitale Medien und die Verortung in der digitalen Welt?

Christian Kuchler: Es ist ja immer schwierig, wenn Historiker versuchen, in die Zukunft zu schauen, weil wir das ja eigentlich am wenigsten können. Aber blickt man in die letzten 20 Jahre des Schullebens, wird man feststellen, dass das Fach Geschichte, ebenso wie das Fach Politik, ganz starke Einschnitte erlebt hat. Viele Deputate in den Stundenplänen sind reduziert worden, jenseits des Gymnasiums sind Fächer zusammengelegt worden und zu Kombifächern fusioniert worden. Da hoffe ich, dass die aktuelle Diskussion um den Zustand der Demokratie, bei der ja auch die Frage vom Umgang mit Geschichte eine ganz bedeutsame Rolle spielt, dazu führt, dass dem Fach wieder mehr Bedeutung zugemessen wird.

Kristopher Muckel: Nicht nur mit Blick auf Virtual Reality, sondern grundsätzlich mit Blick auf eine Kultur der Digitalität, glaube ich, dass der Geschichtsunterricht sich seiner Verantwortung im Bereich auf Medienkompetenz und Medienbildung noch bewusster werden wird, als er das jetzt ist – wobei sich da auch schon vieles entwickelt hat.
Von besonderer Relevanz ist sicherlich auch, dass die Erkenntnisse, die die Geschichte, die Didaktik als Wissenschaftsdisziplin generiert und generiert hat, schlussendlich auch im Geschichtsunterricht ankommen, über Transferprozesse, wie sie im Verbundprojekt ReTransfer ja auch angestoßen worden sind.

Christian Kuchler: Ganz wichtig ist, dass wir heute Kinder und Jugendliche dafür ausbilden, dass sie kompetent über Geschichte sprechen können, dass sie an einem gesellschaftlichen Kommunikationsprozess über historische Vorgänge und Tatsachen teilnehmen können und dass sie dazu so kompetent gemacht werden, dass sie in 20, 30 oder 40 Jahren auch noch mit medialen und digitalen Erscheinungsformen, von denen wir heute noch überhaupt nicht wissen, wie die aussehen werden, kompetent umgehen können, dass sie also nicht völlig überfordert sind von solch beispielsweise immersiven Medien, wie wir sie ja bei VR durchaus haben. Auch dafür müssen wir Schüler:innen zukunftsfähig machen.

Kristopher Muckel: Die Zukunftsfähigkeit von Lehrkräften und Schüler:innen mit Blick auf digitale Medien hängt in großem Maße an ihrer digitalen Souveränität. Also an der Möglichkeit, digitale Medien kriteriengeleitet auszuwählen und so damit umzugehen, dass sie den Zweck, den ich damit verfolge, auch wirklich erfüllen können. Dass Lernende, genauso wie Lehrende, sich nicht von dem Medium treiben lassen oder von der Umgebung des Mediums, sondern ganz konkret und kompetent damit arbeitend interagieren können. Die Impulse zusammenzuführen, die Wissenschaft, Gesellschaft und Technik diesbezüglich mit sich bringen, das wird vermutlich das Entscheidende sein – aber auch das, woran wir jetzt mit entsprechenden Fortbildungskonzepten und Ähnlichem auch schon arbeiten können.

Prof. Dr. Christian Kuchler

Christian Kuchler ist Professor für Didaktik der Geschichte an der Universität Augsburg. Zuvor war er Geschichtslehrer an Gymnasien und  leitete das Lehr- und Forschungsgebiet Didaktik der Gesellschaftswissenschaften an der RWTH Aachen.

Kristopher Muckel

Kristopher Muckel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Didaktik der Geschichte an der Universität Augsburg im Rahmen des Projektes ReTransferVR – Virtual Reality als digitale Erinnerungsräume. Zuvor war er an der RWTH Aachen für die gesellschaftswissenschaftlichen Schülerlabore „goAIX! – historische Orte erforschen“ verantwortlich.