29. Juli 2024

Was ist eigentlich der Digital Divide im Schulkontext?

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Irina Brich, Laura Winter (Mitarbeit)

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Was versteht man unter Digital Divide?

Digitale Medien können den Unterricht interaktiver, effektiver und spannender machen, wenn sie didaktisch sinnvoll eingesetzt werden. Dann sind sie ein Beitrag dazu, sich auch in einer digital geprägten Welt sicher zu bewegen. Für diejenigen, die erschwerte Zugangsmöglichkeiten zum Internet und zu digitalen Geräten haben, kann die digitale Unterrichtsgestaltung jedoch zu einer ausgrenzenden Erfahrung werden. Um dies zu beschreiben, wird der Begriff des Digital Divide (dt. Digitale Kluft) verwendet.

Der Digital Divide beschreibt Unterschiede zwischen Personen, Bevölkerungsgruppen oder Ländern im Zugang und in der Nutzung von (digitalen) Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere in Bezug auf das Internet. Während manche Menschen täglich problemlos mit verschiedenen Geräten und Zielen online sind, verfügen andere kaum über diese Möglichkeiten oder nötige Kompetenzen.

Oft werden drei Ebenen beschrieben, auf denen sich ein Digital Divide zeigen kann:

  1. First-Level Digital Divide: Differenzen im Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien (auch Geräte und Software/Apps), insbesondere Internetzugang
  2. Second-Level Digital Divide: Differenzen in den Fähigkeiten mit Informations- und Kommunikationstechnologien umzugehen und Unterschiede in deren Nutzung (wie oft/lange werden welche Anwendungen benutzt)
  3. Third- oder Zero -Level Digital Divide: Differenzen in den Ergebnissen oder Auswirkungen der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (z.B. in sozialen, ökonomischen, politischen oder bildenden Bereichen) bzw. auch durch algorithmische Systeme bedingte Unterschiede

Vielfältige Faktoren (sozial, ökonomisch, kulturell etc.) können solche digitalen Kluften entstehen lassen oder sie vergrößern. Mit dem immer weiter voranschreitenden Grad der Digitalisierung einer Gesellschaft besteht die Gefahr, dass sich diese Kluft noch mehr weitet und bestehende soziale Ungleichheiten im Digitalen weiter verstärkt statt vermindert werden. Das ist besonders problematisch, da es zunehmend grundlegende Fragen der wirtschaftlichen und sozialen Gerechtigkeit oder der politischen Teilhabe beeinflusst.

Wie betrifft der Digital Divide Schule und Unterricht?

Davon bleibt auch der schulische Bildungskontext nicht verschont. Schülerinnen und Schüler auf einer Seite der Kluft können nicht so selbstverständlich oder erfolgreich in der digitalen Welt navigieren wie andere, besitzen vielleicht keine eigenen Geräte oder haben zu Hause nicht die Möglichkeit oder Unterstützung, sich im digitalen Bereich auszuprobieren. Infolgedessen haben sie es auch schwerer, an digitalen Lehr- und Lernformaten zu partizipieren oder die für eine zunehmend digitale Gesellschaft notwendigen digitalen Skills zu erwerben und laufen dadurch Gefahr, weiter abgehängt zu werden.

Große internationale und repräsentative Schulvergleichsstudien wie die ICILS 2018 (International Computer and Information Literacy Study) befassen sich neben dem Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien, deren Nutzung und verbundenen Motivationen auch mit den computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Jugendlichen. Dabei geht es um die Fähigkeiten, digitale Technologien zu nutzen, um Informationen zu gestalten, kommunizieren, recherchieren und zu bewerten und dadurch erfolgreich am privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Insbesondere in Bezug auf diese digitalen Kompetenzen tut sich laut der ICILS 2018 in Deutschland eine große herkunftsbezogene digitale Kluft unter Schüler:innen auf: Über 40% der Schüler:innen aus Familien mit niedrigem kulturellem Kapital verfügen nur über sehr grundlegende oder rudimentäre computer- und informationsbezogene Kompetenzen – bei Kindern aus Familien mit hohem kulturellem Kapital liegt dieser Anteil unter 20%. Der Zugang und die Nutzung digitaler Medien hingegen werden inzwischen weniger durch die soziale Herkunft bedingt.

Dies zeigt, dass Kinder und Jugendliche nicht zwangsläufig gut mit digitalen Medien umgehen können, weil sie mit ihnen aufgewachsen sind. Die sogenannten Digital Natives mögen vielleicht ein intuitiveres Verständnis für digitale Medien besitzen – der Digital Divide verdeutlicht jedoch, dass diese Annahme auch eine falsche Selbstverständlichkeit beinhaltet. Die Vermittlung von digitalen Kompetenzen unter Berücksichtigung dieser Kluft als ein Schulbildungsziel ist ein wichtiger Bestandteil, um Chancen- und Bildungsgerechtigkeit zu verwirklichen.

Vertiefung

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